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Sprengstoff-Fund Keine Spur von terrorverdächtigem Syrer

Nach dem Sprengstoff-Fund in Chemnitz drängen sich viele Fragen auf. Wo steckt der hauptverdächtige Syrer? Trägt er Waffen bei sich?

09.10.2016, 08:05

Chemnitz (dpa/tw) l Der gesuchte syrische Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Er sei seit mehreren Monaten in Deutschland und als Flüchtling anerkannt, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Sachsen in Dresden.

Für einen festgenommenen Landsmann des Terrorverdächtigen hat die Dresdener Staatsanwaltschaft Haftbefehl wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat beim Amtsgericht beantragt, wie ein Sprecher sagte. Der Mieter der von der Polizei erstürmten Wohnung werde am Nachmittag einem Haftrichter vorgeführt.

Unterdessen sucht die Polizei in Chemnitz weiter nach dem 22-jährigen Syrer, der einen Bombenanschlag geplant haben soll. Auf den Öffentlichkeitsaufruf sind nach Polizeiangaben vom Morgen bisher mehr als 80 ernstzunehmende Hinweise eingegangen.

Bei dem Anti-Terror-Einsatz ist der hauptverdächtige Syrer der Polizei nur knapp entwischt. Die Beamten gaben am Samstag in dem Plattenbau-Viertel einen Warnschuss ab, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen. Sie bestätigte einen Bericht von Spiegel Online. Die Polizisten hätten den Verdächtigen gesehen, ihn aber nicht fassen können. Nach dem Syrer wird auch bundesweit gefahndet.

Es ist weiterhin unklar, ob der Mann mit möglichen Kontakten zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine Waffe oder Sprengstoff bei sich trägt. Der Hauptbahnhof in Chemnitz war am Samstag vorübergehend gesperrt worden. Auch an den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld wurden am Abend die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

Auch zu möglichen Anschlagszielen gab es zunächst keine Informationen seitens der Behörden. Der Hinweis auf den Syrer war vom Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen. Es gebe Hinweise, dass der 22-Jährige von IS-Terroristen ausgebildet wurde, berichtete die "Bild"-Zeitung (Montag) unter Verweis auf Ermittler. Es blieb unklar, ob der Verdächtige aus dem Ausland gezielt gesteuert wurde. Weder der Geheimdienst noch die Polizei wollten sich zu einem "Focus"-Bericht äußern, wonach ein deutscher Flughafen angegriffen werden sollte.

Die Polizei Sachsen hatte am Samstagnachmittag nach stundenlanger vergeblicher Suche auf Twitter mitgeteilt: Die Fahndung nach dem Tatverdächtigen läuft. Derzeit wissen wir aber nicht, wo er sich befindet und was er bei sich trägt. Seid vorsichtig. Auch im 260 Kilometer entfernten Berlin gingen Polizisten mit dem Fahndungsbild des Syrers auf Streife.

Bei einer Anti-Terror-Razzia hatten Polizisten in Chemnitz mehrere hundert Gramm hochexplosiver Sprengstoff in einer Wohnung gefunden. Dort hatte sich zuvor der Gesuchte aufgehalten. "Wir hoffen, es ist ein Großteil dessen, was er haben könnte", sagte der LKA-Sprecher. Das Umfeld im betroffenen Fritz-Heckert-Wohnviertel werde weiter untersucht. Der Einsatz wird noch eine Zeit dauern. In der Nacht konnte zumindest ein Teil der Anwohner zurück in die eigenen Wohnungen.

Spezialisten ließen den gefundenen Sprengstoff am Samstagabend kontrolliert detonieren. Es handelt sich nach "Bild"-Angaben um das hochexplosive TATP (Azetonperoxid), das auch bei Anschlägen in Brüssel und Paris verwendet wurde. Das Gemisch sei weit gefährlicher als TNT gewesen, hieß es. Die betroffene Plattenbau-Siedlung war stundenlang abgesperrt und wurde teilweise geräumt. Am Sonntagnachmittag durchsuchten Einsatzkräfte auch eine Wohnung in einem anderen Chemnitzer Stadtteil, die als Kontaktadresse des flüchtigen Syrers galt.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig dankte am Sonntagmorgen den Einsatzkräften für deren schnelles und besonnenes Handeln in dieser brisanten Situation. Die Gefahr für die Bevölkerung vor Ort konnte damit gebannt werden. Zusammen mit anderen Sicherheitsbehörden fahnden wir nun unter Hochdruck nach dem flüchtigen Terrorverdächtigen, sagte der CDU-Politiker.

In diesem Jahr waren bereits mehrfach Pläne für mutmaßliche Sprengstoffanschlägein Deutschland vereitelt worden. Im Februar kam die Polizei einer Gruppe auf die Schliche, die womöglich ein Sprengstoffexplosion in Berlin beabsichtigte. Im Juni nahm die Polizei drei mutmaßliche IS-Anhänger fest, die es auf die Düsseldorfer Altstadt abgesehen haben sollen. Zuletzt flog im September ein 16-jähriger Flüchtling aus Syrien in Köln auf. Nach Angaben der Ermittler hatte er einen Sprengstoffanschlag geplant und von einem Chatpartner im Ausland Anweisungen zum Bombenbau erhalten.