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CoronakriseLockdown bis kurz vor Weihnachten?

Dass die derzeitigen Corona-Beschränkungen Ende November auslaufen, erwartet kaum noch jemand. Wie geht es im Dezember weiter?

23.11.2020, 06:20

Berlin (dpa) l Es ist ein arbeitsreiches Wochenende für die Staatskanzleichefs der Länder: Gleich mehrfach schalten sie sich in unterschiedlichen Runden zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie zu beraten.

Montag wollen ihre Chefs die Vorlage der Länder für die Beratungen am Mittwoch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) festzurren. Und eines zeichnet sich seit Tagen schon ab: Eine Verlängerung des Teil-Lockdowns ist höchstwahrscheinlich. Bundes- ebenso wie Landespolitiker sehen keinen anderen Weg, Christdemokraten ebenso wie Sozialdemokraten.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der „Bild am Sonntag“: „Alles spricht dafür, dass die aktuellen Beschränkungen über den 30. November hinaus noch eine Zeit lang fortgesetzt werden müssen.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der Zeitung: „Um ein schönes Weihnachten verbringen zu können, müssen wir den Lockdown verlängern und sicher auch vertiefen.“ Der CSU-Chef fügte hinzu: „Mindestens so lange, bis wir wieder den Inzidenzwert von 50 erreicht haben.“

Gemeint sind 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Dieser Wert war bereits bei Erlass der verschärften Beschränkungen Anfang November als Zielmarke genannt worden, denn dann wird angenommen, dass das Gesundheitssystem nicht dauerhaft überlastet wird. Derzeit liegt der Wert bei rund 140.

Söder sagte: „Wenn wir jetzt auf diesem hohen Niveau der Infektionszahlen den Lockdown abbrechen und die Geduld verlieren, dann geht alles wieder von vorne los.“

Die Unionsländer dringen daher auf eine Verlängerung der Corona-Beschränkungen bis mindestens Weihnachten, wie „Bild“ (Online) aus einer Vorbesprechung der unionsgeführten Bundesländer vor dem anstehenden Bund-Länder-Treffen berichtet.

● Für die nächsten Wochen: Ohne eine Verlängerung müssten die Beschränkungen Ende November auslaufen. Wie lange sie darüber hinaus dauern sollen, scheint nicht sicher. „Auf jeden Fall zwei oder besser drei Wochen“, sagt Söder. Drei Wochen – das wäre bis kurz vor Weihnachten. Das Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ nannte unter Berufung auf Länderkreise den 20. Dezember.

● Für Weihnachten: Einig sind sich „Bild“ zufolge die Unionsländer, dass Kontaktbeschränkungen zumindest über die Weihnachtsfeiertage gelockert werden sollten, damit Menschen ohne Familie das Fest mit Freunden feiern können. Auch die SPD-regierten Länder wollen Lockerungen für die Festtage. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte: „Weihnachten und Silvester sollen die Menschen ihre Liebsten treffen können.“ Zuvor hatte schon Kanzleramtschef Helge Braun dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt: „Es ist für mich nicht vorstellbar, dass die Großeltern an Weihnachten nicht mitfeiern.“

● Für Silvester: Söder sagt, Weihnachten solle „freier“sein, „dafür Silvester wieder konsequenter“. Für Silvester wünscht er sich ein Böller- oder Alkoholverbot auf größeren Plätzen. „Ein generelles Böllerverbot braucht es aber nicht.“ Nach Informationen des „Business Insider“ wollen die Länder zum Jahreswechsel den Verkauf, Kauf und das Zünden von Feuerwerkskörpern verbieten.

● Für Schulen: Die Kultusminister der Länder beharren darauf, sie grundsätzlich offenzuhalten, plädieren aber nach Informationen des Nachrichtenportals „ThePioneer“ für Ausnahmen. Nach einem Beschluss vom Freitag sollen in Hotspot-Gebieten mit sehr vielen Infektionen besonders betroffene Schulen ab der 11. Klasse auf einen „rollierenden Präsenzunterricht“ in verkleinerten Lerngruppen umstellen können, also einen Wechsel von Lernen in der Schule und zuhause. In einem zweiten Schritt ist das auch für untere Klassenstufen weiterführender Schulen vorgesehen. Die Abschlussklassen sollen in jedem Fall in der Schule bleiben. Die Unionsländer wollen etwas Ähnliches: In Corona-Hotspots mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 200 soll es ab der 7. Klasse Wechselunterricht geben.

Die bisherige Haltung der Länder, dass Schulen generell keine Treiber der Pandemie seien, sei „nicht mehr haltbar“, sagt der Direktor des virologischen Universitätsinstituts in Düsseldorf, Jörg Timm, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Kleinere Kinder steckten sich zwar seltener mit dem Virus an, könnten es aber weitergeben. Kinder ab zwölf seien „genauso ansteckungsfähig wie Erwachsene“: „Daher spielen Schulkinder definitiv eine Rolle.“