1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Mundschutz wie Goldstaub gehandelt

Coronavirus Mundschutz wie Goldstaub gehandelt

Der Chef des Magdeburger Uniklinikums will eine Maskenpflicht für alle - doch der Markt ist leergefegt.

Von Steffen Honig 21.03.2020, 09:04

Magdeburg l Mund-Nasen-Schutz tragen ist am Uniklinikum Magdeburg inzwischen vorgeschrieben. Die Pflicht gilt für Mitarbeiter und Patienten, die Kontakt zueinander haben. Die Maske ist gewiss kein Allheilmittel. Es verhindert aber das Überspringen der Viren von Infizierten auf die Umgebung.

Klinikumschef Heinze erklärt den Hintergrund an einem Beispiel: „Das Virus wurde durch die Welle der Rückkehrer aus dem Skiurlaub auch bei uns sehr breitflächig verteilt. Wird ein ahnungsloser Patient aus diesem Kreis bei uns aus irgendeinem anderen Grund eingeliefert, kann er Corona verbreiten, ohne das zu ahnen.“

Die Maskenpflicht im Klinikum kann nach Heinzes Meinung nur ein erster Schritt sein. „Ich bin dafür diese Schutzmasken flächendeckend an die Bevölkerung zu verteilen.“ Für das Nachbarland Tschechien gilt eine solche Anordnung bereits.

In Deutschland scheitert das vorerst schon am Nachschub. Kerstin Stachel, Kaufmännische Direktorin an der Uniklinik, schätzt den Bedarf für die Masken allein in ihrem Haus auf täglich 10.000 Stück. „Die bisherigen Lieferketten sind beschränkt“, sagt sie. Täglich bemühe sie sich bei Firmen in ganz Deutschland um Nachlieferungen. Der Preis, früher bei 3 Cent liegend, sei auf 1,10 Euro gestiegen.

Mit Engpässen bei Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und beim Mund-Nasen-Schutz kämpft auch das Sozialministerium Sachsen-Anhalt. „Aufgrund der Tatsache, dass 70% der PSA in China produziert wird und die komplette Produktion in China vom Militär oder der Verwaltung übernommen worden ist, kann mit einer kurzfristigen Verbesserung der Lage nicht gerechnet werden“, heißt es von dort. Für kommende Woche sei eine Lieferung avisiert, sagt Ministeriumssprecherin Ute Albersmann. Einen Zeitpunkt gebe es noch nicht. Zu Menge und Aufteilung sei bisher ebenfalls nichts Konkretes bekannt.

Das Uniklinikum geht unterdessen eigene Wege: Einkaufschefin Stachel sucht jeden Tag nach deutschen Textil- und Medizintechnikbetrieben, die sich auf die qualitätsgerechte Produktion der Masken umstellen können. Sie appelliert an eine bekannte Tugend: Den deutschen Erfindergeist.

Die Apotheken in Sachsen-Anhalt müssen wegen der enormen Nachfrage an Atemschutzmasken die weiße Flagge hissen: Sie sind komplett ausverkauft. „Momentan sind auch für uns alle Lager leer. Wir können nichts beschaffen. Wir erhalten noch nicht einmal Masken, um uns in der Apotheke vor erkrankten Patienten schützen zu können“, erklärt Jens-Andreas Münch, Präsident der Landesapothekerkammer. Er bittet dringend, von persönlichen Nachfragen in den Apotheken abzusehen. Münch: „Wir benötigen momentan alle verfügbaren Kräfte, um erkrankte Patienten zu versorgen.“

Der Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Sebastian Steineke, warnt vor Abzocke mit den raren Schutzartikeln. „Im Internet werden zum Beispiel Atemschutzmasken, Desinfektionsmittel oder mittlerweile auch Toilettenpapier zu völlig überteuerten Preisen angeboten“, erklärt Steineke. Dieses unseriöse Geschäft mit der Sorge und der Angst der Menschen müsste entschlossen bekämpf werden – notfalls mit gesetzlichen Mitteln.