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EU-Kompromiss Regeln für Waffenbesitz werden verschärft

Mehr Kontrolle und mehr Auflagen für Waffenbesitzer - das wollen die EU-Länder durchsetzen. Die Pläne kommen bei Verbänden gar nicht gut an.

10.06.2016, 14:39

Luxemburg (dpa) l Die EU-Innenminister haben sich auf schärfere Regeln zum Waffenbesitz verständigt. Bei ihrem Treffen am Freitag in Luxemburg brachten sie neue Vorgaben auf den Weg, nach denen künftig etwa Schreckschusswaffen bei Behörden registriert werden müssen. Zudem soll der Waffenhandel im Internet besser kontrolliert werden. Die EU-Staaten müssen außerdem sicherstellen, dass sich sogenannte Dekowaffen nicht mehr zu einer scharfen Waffe zurückbauen lassen. Mit den Änderungen reagiert die Politik auch auf die Terroranschläge des vergangenen Jahres. Für Militär und Polizei sollen die neuen Regeln nicht gelten.

Mit dieser Position können nun Länder-Vertreter Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen. Dabei dürften die Abgeordneten noch Änderungen durchsetzen. Am Ende müssen sich beide Seiten einigen.

Mehrere Länder lehnten den Kompromiss am Freitag nach Angaben von EU-Diplomaten ab. Während Luxemburg die Änderungen als zu lasch kritisierte, finden Tschechien und Polen sie zu strikt.

Einige Kernpunkte der geplanten Änderungen:

Was würde sich für Schusswaffenbesitzer ändern?

Auf sie wird mehr Bürokratie zukommen. Alle fünf Jahre müssten etwa Sportschützen und Jäger ihre Erlaubnis erneuern lassen. Bisher müssen sie ihre Waffe einmalig bei den Behörden anmelden. Jürgen Kohlheim aus dem Präsidium des Deutschen Schützenbunds klagt, künftig sollten Schusswaffenbesitzer alle fünf Jahre einen neuen Antrag ausfüllen und Gebühren bezahlen.

Was käme auf Besitzer zu, deren Waffen nicht scharf schießen?

Künftig sollen deutlich mehr Waffen bei den Behörden registriert werden als bislang, auch Schreckschuss- und Gaspistolen. Solche Waffen sind in Deutschland derzeit ohne Einschränkungen ab 18 Jahren erhältlich. Von der Neuregelung betroffen wären zum Beispiel Landwirte, die mit Schreckschusswaffen Vögel vertreiben, und Schützenvereine, die bei Festen Salutschüsse abgeben. Eine einmalige Registrierung bei den Behörden soll aber ausreichen.

Was ist mit Dekowaffen, also ursprünglich scharfen Waffen, die funktionsunfähig gemacht wurden?

Künftig müssen die EU-Staaten sicherstellen, dass sich solche Waffen nicht mehr zu einer scharfen Waffe zurückbauen lassen. Die technischen Details soll die EU-Kommission noch ausarbeiten. Behörden müssen dies prüfen, eine entsprechende Bescheinigung ausstellen und solche Waffen deutlich sichtbar kennzeichnen.

Was ist mit dem Handel im Internet?

Der Online-Handel von Waffen soll besser kontrolliert werden. Identitätskontrollen werden in Europa zur Pflicht. In Deutschland sind sie bereits vorgeschrieben, weil Käufer eine Waffenbesitzerlaubnis vorlegen müssen, wie Kohlheim vom Schützenbund erklärt. Die EU-Staaten erhoffen sich dadurch mehr Kontrolle darüber, wer auf legalem Wege Pistolen oder Gewehre kauft.

Was ist mit halbautomatischen Gewehren, die in kurzer Folge viele Schüsse abgeben können?

Für halbautomatischen Gewehre sollen die Auflagen verschärft werden. Die EU-Staaten können die Nutzung aber erlauben, wenn sie vom Besitzer zum Beispiel medizinische und psychologische Tests verlangen. Auch eine Mitgliedschaft in einem Sportschützen-Club gehört zu den Bedingungen.

Findet das einhellig Zustimmung?

Nein. Der Sprecher des Deutschen Jagdverbands, Torsten Reinwald, ist gegen solche Tests. "Man kann Terrorismus nicht verhindern, wenn man legale Waffenbesitzer noch stärker kontrolliert als bisher", sagt er. Manche Jäger nutzten solche Gewehre zum Beispiel für die Jagd auf Wildschweine.

Kritiker bemängeln aber gerade, dass halbautomatische Gewehre am Ende doch im Umlauf bleiben könnten, wenn ein Staat das erlaube. Für Luxemburgs Justizminister Felix Braz, der sich nach Angaben von Diplomaten am Freitag ausdrücklich gegen die Neuregelung wandte, ist das ein Hauptkritikpunkt. Er sieht den Reformversuch als Fehlschlag, weil keine einheitliche europäische Regelung für diese Waffen in Sicht sei. Deutlich zu weit gingen die Pläne Polen und Tschechien. Sie lehnen striktere Waffenauflagen ab.

Sollen Waffen verboten werden, die wie Kriegswaffen aussehen?

Für halbautomatische Waffen für den zivilen Gebrauch, die vollautomatischen Waffen ähneln, würde man eine besondere Genehmigung brauchen.

Würde man mit den neuen Vorgaben Anschläge wie in Paris erschweren?

Das ist zumindest die Idee. Als die Vertreter der EU-Staaten miteinander verhandelt haben, hatten sie die Anschlagsserie von November 2015 in Paris im Kopf. Allerdings haben sich Terroristen ihre Waffen ohnehin aus illegalen Quellen beschafft. Attentäter und andere Kriminelle können auch weiterhin solche Wege nutzen, etwa über das sogenannte Darknet. Das ist ein nicht von Suchmaschinen erfasster Teil des Internets, den Kriminelle gerne für illegale Geschäfte nutzen.

Kann sich an diesen Plänen noch etwas ändern?

Ja. Nachdem sich die Staaten nun mehrheitlich auf eine gemeinsame Position geeinigt haben, können demnächst Unterhändler Gespräche mit Vertretern des Europaparlaments beginnen. Bevor das Parlament zustimmt, wird es sicher noch einige Änderungen geben – allerdings wohl eher Lockerungen, schätzte ein EU-Diplomat.