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Euro-Krise Griechenland in der Krisen-Zange

Der Grexit konnte abgewendet werden. Doch noch ist in Griechenland kein Aufwärtstrend erkennbar.

Von Steffen Honig 23.12.2015, 00:01

Berlin l Unser Kampf wird nun gerechtfertigt. Europa ändert sich“, bejubelte Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras den Erfolg der Podemos in Spanien. Dass die spanischen Linken in Ma-drid mitregieren, sollte er ihnen lieber nicht wünschen. Sie gerieten in die Lage, in der sich Tsipras und seine Syriza-Partei seit fast einem Jahr befinden: Das Gegenteil von dem tun zu müssen, was sie vor der Wahl versprochen haben.

Tsipras ist zwar vor den internationalen Geldgebern eingeknickt, um den Euro für die Griechen zu retten, hält sich aber nach der Wiederwahl im Herbst erstaunlich gut. Immer wieder gelingt es ihm, die für die Refomauflagen nötigen Gesetze durchs Parlament in Athen zu bringen.

Im Januar könnte es freilich eng werden für die Regierung: Dann stehen eine Rentenreform und die Streichung der Agarsubventionen zur parlamentarischen Entscheidung an. Beide Gesetze stoßen auf starken Widerstand in der Bevölkerung.

Bei der Bevölkerung hat die Syriza auch schon ihren Bonus aufgebraucht: Laut einer Umfrage der Zeitung „Efimerida ton Synakon“ kämen die Linken nur noch auf 20 Prozent gegenüber 36 Prozent Ende September.

Nutznießer wären jedoch nicht die anderen Parteien – vielmehr gab ein Drittel an, nicht zu wissen, wen man wählen solle. Das ist Ausdruck eines verbreiteten Missmutes: Drei Viertel der Bürger glauben, die Wirtschaftkrise werde sich noch verschärfen.

Um das Land finanziell über Wasser zu halten, erwartet die Athener Regierung die Auszahlung einer weiteren Kreditrate von einer Milliarde Euro aus Mitteln des europäischen Rettungsschirms ESM. Dafür musste Griechenland ein neues, unabhängiges Organ zur Privatisierung von staatlichem Vermögen schaffen.

Der Abschied vom Staatsbesitz ist eines der heißesten Eisen im Land. Gerade sind die Hafenarbeiter gegen die Privatisierungspläne der Umschlagplätze in Piräus und Thessaloniki Sturm gelaufen.

Manchmal klappt es auch mit dem Übergang von der Staats- zur Privatwirtschaft: Mitte Dezember hat der deutsche Flughafenbetreiber Fraport mit dem einheimischen Partner Copelouzos die Konzession für den Betrieb von 14 griechischen Regionalflughäfen erhalten. Die Genehmigung gilt für 40 Jahre.

Fraport hat dafür rund 1,2 Milliarden Euro an den griechischen Staat überwiesen, der weiterhin Besitzer der Aiports bleibt. Die Investoren wollen 330 Millionen Euro bis 2020 in die Flughäfen stecken.

Als wäre die drückende Last der Wirtschaftmisere nicht schon genug an Last für das Elf-Millionen-Volk, steht ausgerechnet Griechenland seit Monaten auch im Zentrum des Flüchtlingselends.

So werden die Hellenen von den Krisen förmlich in die Zange genommen: Täglich landen neue Flüchtlingsboote aus der Türkei an Küsten griechischer Inseln. Gelangen die Insassen heil an Land, fehlt es dort an allem, sie zu betreuen, und die Weiterreise wird für Syrer, Iraker oder Afghanen zu einem Abenteuer.

Auf EU-Beschluss sollen die Außengrenzen Europas nun dichtgemacht werden. Die Türken wollen gegen viel Geld die Flüchtlinge zurückhalten und die europäische Grenzschutzagentur Frontex wird in Marsch gesetzt, um die griechischen Küsten abzuschirmen. Notfalls ohne Zustimmung der Griechen – was diese als Eingriff in der nationale Souveränität ablehnen.

Immerhin hat die Flüchtlingskrise die davon gleichermaßen betroffenen alten Rivalen Griechenland und Mazedonien einander wieder näher gebracht. Beim Treffen der Außenminister in Athen wurden Freundlichkeiten ausgetauscht. Mehr nicht , aber ein Anfang ist gemacht.