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Europapolitik Macron-Sieg als Impuls für Europa

Sachsen-Anhalts Europaminister Rainer Robra (CDU) sprach über Frankreich-Wahlen und die Europa-Woche.

Von Steffen Honig 09.05.2017, 01:01

Klarer Macron-Sieg in Frankreich am Vorabend des Europatages – das passt zusammen. Können die Europa-Freunde jetzt jubeln?

Rainer Robra: Wir begehen den Europatag, weil am 9. Mai 1950 der französische Außenminister Robert Schuman den ersten großen Vorstoß für die europäische Zusammenarbeit – die Kohle- und Stahlunion – unternommen hat. Insofern ist es beziehungsvoll und schön, dass wir mit der Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten jetzt wieder einen Impuls für mehr Europa aus Frankreich erhalten. Und nicht den befürchteten Abschied von Europa konstatieren müssen, der mit Marine Le Pen gekommen wäre.

Doch auch in Frankreich wurde das tiefe Misstrauen ins politische System sichtbar. Es gab allein mehr als vier Millionen ungültige Stimmen. Wie werten Sie das?

Es ist besorgniserregend, dass in Frankreich und als Grundströmung in der gesamten EU die Skepsis gegenüber Europa stark ist. Die vom linken Spektrum ausgehende Kampagne, weder Macron noch Le Pen zu wählen und stattdessen ungültige Stimmen abzugeben, war auch nicht dienlich. Nach der französischen Verfassung hat der Präsident eine starke Stellung. Deswegen glaube ich, dass er mit seiner prononcierten Bereitschaft zur europäischen Kooperation die innerfranzösische Stimmung noch stark beeinflussen wird.

Nach den Niederlanden war es die zweite wichtige Wahl, in der die Europa-Gegner nicht durchgekommen sind. Was bleibt, sind gespaltene Gesellschaften. Tendenzen gibt es durch die AfD in Deutschland auch. Wie kann man diese Kräfte neutralisieren?

Ich würde zunächst Österreich ergänzen, wo sich letztlich ein pro-europäischer Politiker bei der Präsidentschaftswahl durchgesetzt hat. Hier kommt auch die Brexit-Debatte ins Spiel. Die Trennung von Großbritannien muss organisiert werden – ein irreversibler Prozess. Ich prognostiziere, dass die Bemühungen der Pro-Europäer, dies für einen Neuanfang in der EU 27 zu nutzen, erfolgreich sein werden. Frankreich hat uns vor Augen geführt, wie gefährdet diese europäische Gemeinschaft ist. Viele haben begriffen, wie wichtig das gemeinsame Wertesystem für uns ist. Die EU-Kommission und das Europäische Parlament haben es nun im Wesentlichen selbst in der Hand, die Skeptiker zu widerlegen.

Und wie steht es mit der AfD?

Die anti-europäische Ausprägung, die die Partei anfangs hatte, spielt jetzt nicht die herausragende Rolle. Die AfD ist eine klassische reaktionär-populistische Partei geworden, wie es sie schon immer gab und in vielen europäischen Staaten mehr oder weniger stark gibt.

Wir sind mitten in der Europawoche, in der seit Jahren mit Unterstützung der Landesregierung versucht wird, den europäischen Geist zu beflügeln. Wie viel ist davon Ritual, wie viel echte Begeisterung?

Ritual ist nichts, manches ist Routine. Zum Beispiel die Vorlage unserer Europaberichte, die jeder im Internet finden kann. Hier ist zu entnehmen, auf welchen Themenfeldern wir für Sachsen-Anhalt in der Europapolitik tätig sind. Für die vielen Dutzend Veranstaltungen im Land zwischen dem 2. und 26. Mai gilt, dass jede von ihnen liebevoll und engagiert vorbereitet ist. Und da kann man natürlich auch jede Menge Begeisterung finden.

Was ist Ihnen besonders wichtig im Programm?

Hervorzuheben sind die Projekttage in den Schulen. Die gibt es jedes Jahr, aber es sind nicht dieselben Schüler, die sie gestalten, sondern die jeweils nachfolgenden Jahrgänge. Für mich ist das Netzwerktreffen am 10. und 11. Mai mit den mehr als 20 Europaschulen wichtig. In der Staatskanzlei würdigen wir am 12. Mai zudem den 60. Jahrestag der Römischen Verträge.

Gibt es einen Gradmesser für den Erfolg der Aktionstage?

Der Gradmesser ist letztlich die Europa-Fähigkeit des Landes, also wie weit unsere nachwachsenden Generationen in der Lage sind, sich in den europäischen Diskurs einzubringen. Etwa beim Erasmus-Programm, das seit 30 Jahren existiert. Erasmus gibt es übrigens nicht nur für Studierende, auch angehende Handwerker können ein Ausbildungsjahr im Ausland absolvieren. Der Erfolg in der Europa-Politik bemisst sich auch daran, dass sich Sachsen-Anhalt in europäische Richtlinien einbringt wie bei der Energiepolitik mit dem Sonderproblem der Braunkohle, die bei uns viele Arbeitsplätze sichert. Oder bei den Strukturfonds, die noch immer ein Eckpfeiler der Haushaltspolitik des Landes sind.