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Koalition Verhandlungen in Berlin in heißer Phase

Vom Wolf bis zum Rentner: Mit vielen Details will die geplante GroKo Deutschland zukunftsfest machen. Die Wirtschaft aber ist unzufrieden.

05.02.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Sogar über den Wolf diskutieren Angela Merkel, Horst Seehofer, Martin Schulz und die anderen Chef-Unterhändler ziemlich lange hinter verschlossenen Türen. Der Wolf könnte bei einer Großen Koalition nun einer der Verlierer sein – es soll mehr Möglichkeiten zum Abschuss geben. Union und SPD planen nicht den großen Wurf, aber milliardenschwere Verbesserungen, von denen am Ende Millionen Menschen profitieren könnten. Vor allem auch untere und mittlere Einkommen – um die soziale Kluft zu mindern, die als ein Grund für den Aufstieg der rechtspopulistischen AfD gesehen wird. Ein Überblick über Gewinner und Verlierer des geplanten Bündnisses.

l Familien: Das Kindergeld soll um 25 Euro pro Kind und Monat steigen. Auch der Kinderzuschlag für Einkommensschwache soll erhöht werden. Zudem soll es Gutscheine für Haushaltshilfen geben, damit mehr Zeit für die Familie bleibt.

l Schüler, Azubis und Studenten: Zwei Milliarden Euro sind für den Ausbau von Ganztagsschulen und -betreuung geplant. Für die Ganztagsbetreuung von Grundschülern wird ein Rechtsanspruch verankert. Außerdem ist eine Milliarde Euro für eine Bafög-Reform geplant, damit Studenten sich mehr auf das Studieren konzentrieren können, statt bis tief in die Nacht zu kellnern. An Schulen soll mit fünf Milliarden Euro das digitale Lernen gefördert werden.

l Arbeitnehmer: Sie sollen finanziell entlastet werden – der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll um 0,3 Prozentpunkte sinken. Und die Arbeitgeber sollen ab 2019 wieder den gleichen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen müssen wie die Beschäftigten - beides bedeutet mehr Geld im Portemonnaie. Der Solidaritätszuschlag soll schrittweise wegfallen – rund 90 Prozent der Zahler sollen voll entlastet werden, nicht aber die Spitzenverdiener. Zudem gibt es gerade für Frauen eine wichtige Nachricht. Wer Teilzeit gearbeitet hat, um sich um das Kind zu kümmern, soll ein Rückkehrrecht in Vollzeit bekommen – allerdings nur bei Firmen ab 200 Mitarbeitern. Bei 45 bis 200 Mitarbeitern soll dieser Anspruch nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden müssen.

l Rentner: Viele alte Menschen müssen Flaschen sammeln, um die Rente aufzubessern oder eine Tafel aufsuchen, um kostenlos zu essen. Die GroKo will nun gegensteuern. Wer Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt hat, soll nach 35 Beitragsjahren eine Grundrente zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten. Und wer wegen Krankheit frühzeitig eine Erwerbsminderungsrente bekommt, soll so behandelt werden, als wenn er bis zum aktuellen Renteneintrittsalter gearbeitet hätte.

l Polizisten: Sie sollen durch mehr Personal entlastet werden. Bei den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind je 7500 zusätzliche Stellen geplant. Die Videoüberwachung soll ausgeweitet werden, zudem die Überwachung von Terrorverdächtigen besser koordiniert werden.

l Mieter: Die Mietpreisbremse soll nachgeschärft werden. So sollen künftig Vermieter per Gesetz dazu gezwungen werden, die Vormiete offenzulegen. Das soll es erschweren, die Bremse zu umgehen. Zudem soll die Modernisierungsumlage nicht mehr so stark ausfallen – nur noch acht statt bisher elf Prozent der Kosten sollen jährlich auf die Miete umgelegt werden dürfen. Damit sollen Mieter besser davor geschützt werden, nach „Luxussanierungen“ aus ihrer Wohnung gedrängt zu werden.

l Europa: Gemeinsam mit Frankreich soll die Eurozone reformiert werden, um den Euro und Europa krisenfester zu machen. Angesichts der Krisen und Konflikte soll eine Europa-Offensive gestartet werden: Im Inland sollen Programme gegen Links- und Rechtsextremismus, Islamismus und Antisemitismus ausgebaut werden, um die Demokratie zu stärken.

l Unternehmer: Die Spitzenverbände der Wirtschaft sehen sich als Verlierer, sie kritisieren mehr Belastungen für Firmen, zudem Verschärfungen im Arbeitsrecht. Eine Unternehmenssteuerreform als Reaktion auf die große US-Steuerreform von Präsident Donald Trump mit einer massiven Senkung der Unternehmensteuern fehlt. Auch beim geplanten schrittweisen Abbau des Soli-Steuerzuschlags fühlt sich die Wirtschaft benachteiligt.

l Internetanbieter: Auf Telekommunikationsunternehmen könnten große Lasten zukommen. Union und SPD wollen einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet ab 2025 verankern.

l Klima: Union und SPD haben sich vom nationalen Klimaschutzziel 2020 verabschiedet. Die Lücke soll so klein wie möglich gehalten werden. Für langfristigere Ziele zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen soll es ein Klimaschutzgesetz geben. Energieintensive Unternehmen sollen im Land gehalten werden. Die Grünen warfen Union und SPD vor, „Sabotage“ am Klimaschutz zu betreiben.