1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Endet Steudtners U-Haft in der Türkei?

Terror-Vorwurf Endet Steudtners U-Haft in der Türkei?

Die Staatsanwaltschaft fordert ein Ende der Untersuchungshaft für Peter Steudtner. Der Menschenrechtler sitzt wegen Terrorverdacht fest.

25.10.2017, 17:42

Istanbul (dpa) l Die türkische Staatsanwaltschaft hat die Aufhebung der Untersuchungshaft für den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner gefordert. Der Staatsanwalt in Istanbul forderte am Mittwochabend, Steudtner, seinen schwedischen Kollegen Ali Gharavi und mehrere türkische Menschenrechtler unter Auflagen auf freien Fuß zu setzen.

„Ich plädiere in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig und bitte um meine sofortige und bedingungslose Freilassung“, sagte deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner am Mittwoch in seiner rund 40-minütigen Verteidigung beim ersten Verhandlungstag vor dem Istanbuler Gericht. „Ich habe nie in meinem Leben irgendeine militante oder terroristische Organisation unterstützt.“

Die von der Anklage präsentierten Beweise „haben in keiner Weise Verbindungen zu den Anklagepunkten oder den erwähnten Terrororganisationen“, sagte er. Steudtner verteidigte sich auf Englisch, eine Übersetzerin übertrug die Aussagen ins Türkische. Er machte einen gefassten Eindruck.

Steudtner und zehn weiteren angeklagten Menschenrechtlern wird „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ beziehungsweise „Unterstützung von bewaffneten Terrororganisationen“ vorgeworfen, worauf bis zu 15 Jahren Haft stehen.

Steudtner betonte weiter, seine Arbeit als Menschenrechtstrainer sei in den vergangenen 20 Jahren stets auf Menschenrechte, Gewaltfreiheit und Friedensbildung ausgerichtet gewesen. Sein Fokus habe zudem auf afrikanischen Ländern gelegen. „Ich habe mich nie auf türkische Organisationen konzentriert oder mit ihnen gearbeitet“, sagte er. Steudtner bedankte sich zudem beim Gericht, dass er die Möglichkeit dazu habe, sich zu verteidigen. Er betonte seine Bereitschaft zur Mitarbeit bei dem juristischen Prozess, wie er es bisher getan habe.

Zu den elf Angeklagten gehören auch der schwedische Menschenrechtler Ali Gharavi, der Vorsitzende von Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic, sowie Amnesty-Landesdirektorin Idil Eser. Diese wies vor Gericht ebenfalls alle Vorwürfe zurück und sagte: „Menschenrechte verteidigen, ist keine Straftat.“

Zum Prozessbeginn appellierte die Bundesregierung an die Rechtsstaatlichkeit der türkischen Justiz. „Die Türkei verweist stets auf die Unabhängigkeit ihrer Justiz. Das respektieren wir“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. „Vor diesem Hintergrund hoffen wir, dass das heutige Verfahren in Istanbul ein ermutigendes Zeichen für Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz auch im Falle von Peter Steudtner setzen wird.“ Auch der zuständige Generalkonsul verfolge den Prozess. Man erwarte für den ersten Prozesstag zunächst eine Entscheidung über die Untersuchungshaft.

Der Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, Markus Beeko, sprach am Mittwoch von einer „absurden Anklage“. Der Berliner Grünen-Politiker Özcan Mutlu, der als Prozessbeobachter vor Ort war, sagte der dpa, die Anklageschrift sei wie eine „Ansammlung von Verschwörungstheorien“. Würde Steudtner nicht freikommen, sei das eine „weitere Eskalationsstufe in den deutsch-türkischen Beziehungen“.

Seine Parteikollegin und Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth hatte vor Prozessbeginn an einem fairen Verfahren gezweifelt. Es sei ein „Skandal“, dass die Anklageschrift überhaupt angenommen wurde, sagte sie der dpa.

Steudtner, sein schwedischer Kollege Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli bei einem Workshop auf einer Insel bei Istanbul unter Terrorverdacht festgenommen worden. Die beiden Ausländer waren als Referenten zu dem Seminar eingeladen gewesen, bei dem es um digitale Sicherheit und die Bewältigung von Stresssituationen ging. +