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US-Wahl Trump in New York nicht willkommen?

"New York hasst dich", riefen Demonstranten dem frisch zum Präsidenten gewählten Trump 2016 vor seinem Hochhaus an der Fifth Avenue zu.

03.11.2020, 10:32

New York (dpa) l Offiziell ist Donald Trump kein New Yorker mehr. Im vergangenen September beantragte der 1946 im New Yorker Stadtteil Queens geborene US-Präsident, der einen Großteil seines bisherigen Lebens in der Millionenmetropole verbracht hat, die Verlegung seines Wohnsitzes in den südlichen US-Bundesstaat Florida. Seitdem leben er und First Lady Melania offiziell, abgesehen vom Weißen Haus in Washington, in Trumps Golfclub Mar-a-Lago in Palm Beach.

"Diese Entscheidung habe ich nur sehr ungern getroffen", schrieb Trump damals per Twitter. "Ich werde immer da sein, wenn New York und seine großartigen Menschen meine Hilfe brauchen. Es wird immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen." Die politische Führung der Stadt und des gleichnamigen Bundesstaats aber habe ihn "sehr schlecht" behandelt und ihm damit keine andere Wahl gelassen. Und genauso schlecht regierten sie auch, trat Trump einige Monate später nach: "New York fährt gerade zur Hölle."

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Die Beziehung zwischen dem republikanischen US-Präsidenten und seiner liberalen Heimatstadt ist kompliziert. Einerseits hat die Metropole Trump zu dem gemacht, was er ist – andererseits hat die Zuneigung wohl nie wirklich auf Gegenseitigkeit beruht und ist seit seiner Wahl zum Präsidenten bei einem Großteil der Bevölkerung in offene Ablehnung bis hin zu Hass umgeschlagen. Aber der US-Präsident hat in seiner Heimatstadt auch immer noch glühende Unterstützer.

Trumps Großeltern waren aus Deutschland ausgewandert. Seine Großmutter gründete 1925 die Immobilienfirma Elizabeth Trump & Son, einen Vorläufer der heutigen Trump Organization. Trumps Vater wurde in der Millionenmetropole mit riesigen Mietshäusern und Altenheimen reich. Donald wuchs im eher bescheidenen und sehr internationalen Stadtteil Queens auf. Das Haus seiner Kindheit wurde seit seinem Amtsantritt mehrfach zum Verkauf angeboten und war zwischendurch auch via Mietanbieter Airbnb buchbar.

Schon früh zog es Trump in die glitzernde Immobilienwelt Manhattans, wo er Anfang der 1980er Jahre einen Tower mitten hinein an die noble Fifth Avenue baute. Die Aufnahme in die Elite der New Yorker High Society, die ihn immer ein wenig belächelte, sei für Trump lange eine treibende Motivation gewesen, meinen Beobachter. Bis zu seinem Umzug ins Weiße Haus lebte er im Trump Tower in einer Luxus-Wohnung mit Blick auf den Central Park.

Nach dem Wahlgewinn 2016, den der frisch gewählte Präsident in einem Luxushotel in Midtown Manhattan feierte, versammelten sich wochenlang immer wieder Menschenmassen vor eben jenem Gebäude und brüllten nach oben: "New York hates you" (New York hasst dich). Schon bei seiner Stimmabgabe in einer Schule in Midtown hatten zahlreiche New Yorker Trump ausgebuht – andere ihm aber auch zugejubelt.

Die überwiegende Mehrheit der New Yorker stimmte bei der Wahl 2016 zwar für Trumps demokratische Gegenkandidatin Hilary Clinton – aber bei weitem nicht alle. Den Bundesstaat New York konnte Clinton mit 59 Prozent der Stimmen für sich erobern, Trump bekam 36,5. Vier der fünf Stadtteile New York Citys konnte Clinton mit riesigem Vorsprung gewinnen: Manhattan, Brooklyn, Queens und die Bronx. Nur im eher einem Vorort ähnelnden Staten Island gewann Trump.

Vier Jahre später zur nächsten Präsidentschaftswahl überwiegen in den meisten Straßen der Millionenmetropole erneut Schilder und Aufkleber für den demokratischen Bewerber, diesmal Ex-Vizepräsident Joe Biden. Die Ansichten vieler New Yorker – für Klimaschutz und für den Schutz von Einwanderern beispielsweise – scheinen denen von Trump diametral entgegenzustehen.

Die Beziehung zwischen New York und Trump habe sich in den vergangenen vier Jahren eher noch verschlechtert, sagt Bank-Angestellte Hanna, die im Prospect Park in Brooklyn mit ihrem Hund unterwegs ist. "Am Anfang waren wir zwar auch schon alle geschockt, dass er wirklich gewählt wurde, aber wir dachten, vielleicht wird alles nicht so schlimm. Tief innendrin ist er vielleicht doch ein New Yorker. Aber dann hat er sich als echtes Monster entpuppt. Wir müssen ihn abwählen."

Biden-Unterstützer zeigen sich auf den Straßen New Yorks häufig offensiv, etwa mit entsprechender Aufschrift auf der Maske. Für Gavin Wax scheint es dagegen oft so, als müsse er ein Geheimnis wahren – denn der 26-Jährige gebürtige New Yorker ist konservativer Trump-Unterstützer. "Hier gibt es ein Monopol auf den politischen Diskurs, und wenn man andere Ansichten vertritt, die rechts vom Zentrum stehen, wird man im Grunde genommen als Faschist bezeichnet", sagt der Präsident des "New York Young Republican Club" – sozusagen der republikanischen Jugendorganisation in der Ostküstenmetropole.

In New York sei es nicht immer einfach, politisch gegen den Strom zu schwimmen, sagt Wax. "Als Trump kam und ich anfing, ihn zu unterstützen, habe ich definitiv viele Freunde verloren und viele Verbindungen, habe mich von vielen Leute entfremdet, die ich schon lange kannte." Es sei eine Schande für die politische Landschaft, dass das Land so gespalten sei, meint Wax. Früher habe man unterschiedlicher Meinung sein können, aber musste deswegen nicht gleich Freundschaften beenden oder Familien zerbrechen sehen. Dies sei heute anders.

Wax fühlt sich als Trump-Unterstützer zwar nicht wie ein komplett Verstoßener, aber: "Ich muss auf jeden Fall leise sein und kann nicht so öffentlich sein, wie ich möchte. Du willst nicht zu laut darüber sprechen, wenn du in einem Café, einem Restaurant oder einer Bar bist."

Die Anti-Trump-Stimmen sind in der Millionenmetropole dagegen meist deutlich lauter – und kommen sogar von ganz oben. "Donald Trump muss gestoppt werden", fordert der demokratische Bürgermeister der Stadt, Bill de Blasio, den Trump wiederum gerne als "schlechtesten Bürgermeister der USA" bezeichnet. "Denn er versteht New York City nicht, und wenn seine Präsidentschaft ganz bald vorbei ist, dann wird er in New York City auch nicht mehr willkommen sein", so de Blasio.