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Coronaleugner Tansania: Ist das Urlaubsziel "Corona-frei"?

Weiße Strände unter Palmen genießen, ganz ohne Abstand und Maske. Tansania gilt bei Touristen als Urlaubsparadies ohne Corona-Sorgen.

Von Samantha Guenther 24.02.2021, 14:43

Sansibar l Cocktail schlürfend auf der Liege entspannen, die Sonne unter Palmen genießen: Danach sehnen sich viele Menschen in Zeiten von Corona. Das afrikanische Urlaubsziel Tansania macht sich diese Sehnsucht nach Meer zu nutzen und präsentiert sich selbst mit einem Coronafreien-Image. Gebete sollen das Virus fern halten. Tansania sei virenfrei, behauptet der Präsident von Tansania John Magufuli. Doch nun trauern Tausende um den an Covid-19 verstorbenen Vize-Präsidenten der teilautonomen Insel Sansibar. Ein Urlaubsmärchen im Wandel, welches sorglose Touristen anzieht. 

Durch einen dreitägigen Gebetsmarathon wollte Präsident Magufuli sein Land angeblich von dem Virus befreien. "Gott hat uns erhört", will Magufuli seitdem wissen: "Unsere Feinde mögen sagen, was sie wollen. Wir sind hier sicher", soll Magufuli in einem Gebet gesagt haben - schrieb unter anderem der Tagesspiegel.  Mit lediglich 300 Covid-Infektionen steht Tansania an 194. Stelle im weltweiten Corona-Vergleich. Das liegt daran, dass Magufulis Regierung seit Mai vergangenen Jahres keine Corona-Zahlen mehr meldet.

Seit es in Tansania offiziell kein Coronavirus mehr gibt, dürfen auch Krankenhäuser keine derartigen Fälle mehr haben. "Wir nennen sie jetzt virale Lungenentzündungen", sagt ein Arzt des größten Krankenhauses des Landes, des Muhimbili National Hospital, der Publikation "Africa Report". Mehrere Krankenhäuser sollen Covid-Patienten abgelehnt haben, weil es keine freien Betten mehr gibt.

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg, sind die Krankenhäuser in der Wirtschaftsmetropole Daressalam maßlos überfüllt. Ärzte, die aus Angst anonym bleiben wollen, berichten von knapp werdenden Sauerstoff und fehlenden Intensivbetten. Im Rundfunksender "Radio One“ dauert die Verlesung der Namen von Verstorbenen mittlerweile dreißig Minuten. Kürzlich darunter fünf Generäle mit denselben Symptomen: Atemnot, Husten und hohes Fieber. In der vergangenen Woche, am 17. Februar verstarb auch noch der Vizepräsident des Insel-Teilstaats Sansibar offiziell an Covid-19.

Der Widerstand steigt im eigenen Land. Selbst einem Abgeordneten der Regierungspartei, Zacharia Issay, reicht es. "Ich habe es satt, zu immer neuen Beerdigungen zu gehen", klagte Issay im Parlament an. "Die Regierung muss mit der Geheimnistuerei endlich Schluss machen." Nach langem Widerstand hat Tansanias Präsident John Magufuli eingeräumt, dass sein Land ein Corona-Problem hat. Er rief die Bürger zu Vorsichtsmaßnahmen und dem Tragen von Masken auf - allerdings sollten es nur lokal hergestellte sein.

Beim Punkt Impfungen bleibt sich Präsident John Magufuli aber treu. Immer noch spricht er sich gegen Impfungen aus und rief die Tansanier dazu auf, auf Gott zu vertrauen. "Könnte der weiße Mann tatsächlich so ohne weiteres Impfstoffe entwickeln, hätte er längst schon welche gegen Aids und Tuberkulose, gegen Malaria und Krebs gefunden." Andere Staatschefs Afrikas klagen derzeit darüber, dass die im Westen entwickelten Impfstoffe zuallererst den reichen Industrienationen zugute kommen.

Die Insel Sansibar war und ist ein Touristenmagnet während der anhaltenden Pandemie. Besonders osteuropäische und russische Pauschalurlauber soll es dieser Tage auf die ostafrikanische Insel ziehen, zeigt ein Bericht vom Spiegel. Aber auch Individualurlauber wie Kitesurfer verbringen hier gerne ihre "Auszeit". Sansibar bietet etliche Lagunen mit kristallklarem Wasser, Palmenstrände und perfekte Windbedingungen. Die Kitesaison beginnt hier Mitte Dezember und endet Anfang März. Für viele eine Option, den Corona-Maßnahmen zu entfliehen.

"Wir suchen gerade eine Destination (max. 12 Flugstunden) für März, in der das Leben nicht durch Corona bestimmt wird und man mit den üblichen Maßnahmen (Test usw.) das Land betreten und verlassen kann.", schreibt ein Mitglied in der "Kitesurfer Deutschland" Facebook-Gruppe. Nicht lange dauert es und "Sansibar" wird in den Kommentaren empfohlen. Andere raten davon ab, "Sansibar? Schlechte Zeit zum Kiten, von dem Umgang vor Ort mit Corona will ich mal gar nicht sprechen, dass hast aber ja auch selbst gemerkt", schreibt ein anderes Mitglied.

Touristen dürfen ohne Einschränkungen einreisen, lediglich eine Temperaturmessung wird am Flughafen durchgeführt. Zu einer Test- oder Quarantänepflicht führt dies in der Regel aber nicht. Vor den prekären Zuständen am Flughafen von Sansibar warnte laut einem Artikel des "Aerotelegraph" die Bewertungsfirma Skytrax. "Wir sind schockiert über die schlechten Gesundheits- und Sicherheitsstandards am Abeid Amani Karume International Airport", sagte Chef Edward Plaisted gegenüber dem Branchenportal. Das Märchen eines "Corona-freien" Urlaubsortes ist längst entlarvt.

Die Gefahr ist groß, dass die Urlauber das Virus mit nach Hause bringen. Großbritannien hat deshalb die Einreise von Personen verboten, die in Tansania waren. Auch deutsche Touristen berichten, nach einem negativen Test auf Sansibar im Heimatland positiv getestet worden zu sein. Zuletzt hat ein Rückkehrer aus Sansibar wohl die südafrikanische Virusvariante mitgebracht, schreibt die Westfalenpost.