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Social Media Eichhörnchen werden zu Facebook-Hit

Die Dachterrasse eines Berliners ist ein kleines Paradies für Eichhörnchen. Sieben Tierchen besuchen es regelmäßig.

18.04.2019, 23:01

Berlin (dpa) l Sie heißen Koala, Fridolin oder Frédéric, haben buschige Schwänzchen und Kulleraugen und sind mittlerweile kleine Internetstars: Der Berliner Frank Wilde hat Eichhörnchen, die ihn regelmäßig auf seiner Dachterrasse besuchen, auf seinem Facebook-Account berühmt gemacht. Fast täglich finden sich in seinem Album "#nuttywood" neue Fotos der possierlichen Tierchen und freche Sprüche dazu. "Insgesamt sind es über 1000 Bilder", sagt Wilde.

Sieben Tiere besuchen den "Eichhörnchen-Papa", wie ihn die Zeitung "B.Z." nennt, derzeit regelmäßig – vor allem morgens zum Frühstück und abends. "Und sie haben alle ihren eigenen Charakter", sagt der 55-Jährige. "Da ist das Bildungshörnchen, der Aufpasser, der Casanova, die Königin oder der etwas Verpeilte", so Wilde. Weil er in Kreuzberg lebe und für Multikulti sei, habe er zwei Tierchen auch Nusslima und Ayse-Hörnchen genannt. Auch typisch Kreuzberg: "Wir sind nicht genderspießig, deshalb hat Fridolin einen männlichen Namen, obwohl es ein Weibchen ist".

Auf seiner Terrasse, die fast um die ganze Dachgeschosswohnung führt, gibt es vieles, was die Tiere lieben: Jeden Morgen stehen drei Schälchen mit Walnüssen, Haselnüssen und frischen Gemüseschnitzen bereit. Im Sommer sind auch die Johannisbeeren an den Sträuchern beliebt und gern auch mal ein Stück Wassermelone. In einem Porzellanschälchen gibt es immer frisches Wasser. Die Blumentöpfe bieten genug Platz zum Verbuddeln der Nüsse. Und schließlich bedienen sich die Nager auch gern an einem eingerissenen Sitzpolster und nutzen das weiche Innenleben für ihre Nester in den Bäumen.

Die Kastanien stehen gleich gegenüber. Von der Terrasse hat man einen weiten Blick über dichte Baumkronen. "Die Eichhörnchen kommen direkt von dort her oder klettern die Außentreppe hoch", erzählt Wilde. Angefangen habe seine Passion vor dreieinhalb Jahren, als ihn ein Hörnchen auf der Terrasse besucht habe. "Eine Freundin riet mir, Nüsse bereitzustellen", erinnert er sich. Die kauft Wilde säckeweise auf dem Markt oder sammelt sie unter Straßenbäumen in der Nachbarschaft. Oft auch zur Verwunderung der Passanten. "Die schauen mich manchmal ganz mitleidig an", erzählt er.

Inzwischen vertrauen die Tiere ihm so sehr, dass sie manchmal ganz entspannt Siesta in den Blumentöpfen halten. "Einmal kam auch eine Mama mit ihren drei Jungtieren auf die Terrasse und zeigte ihnen ihren Spielplatz. So viel Vertrauen hat mich zu Tränen gerührt", erzählt er.

"Es gibt auch viele andere Menschen bundesweit, die Eichhörnchen regelmäßig füttern", berichtet Tanya Lenn vom Verein Eichhörnchen-Hilfe Berlin Brandenburg, der in einer Pflegestation unter anderem verwaiste Jungtiere aufzieht und auswildert.

Doch das Füttern sei ein zweischneidiges Schwert. "Es gibt auch immer wieder Beschwerden von Nachbarn, die sich gestört fühlen", sagt Lenn. Diese Erfahrung hat auch Wilde schon gemacht, allerdings nur mit einer Nachbarin, die nicht begeistert sei von mitunter herumliegenden Nussschalen.

Auch wenn sich Frank Wilde liebevoll um die Eichhörnchen bemüht und ihnen Namen und Charaktere zuschreibt: Für ihn bleiben es Wildtiere. "Es sind nicht meine Tiere, schon gar nicht meine Haustiere", betont Wilde, der den Nagern auch nicht zu nahe kommen will. "Ich streichle sie zum Beispiel nicht, das wäre übergriffig".

Die Tiere seien für ihn vielmehr ein Fenster zur Natur, sagt der Stylist, der ansonsten auch die schöne Scheinwelt der Promis, Glitzer und Fake liebe. Die Fotos und Geschichten auf Facebook sieht er als Gegenpol zu den meist negativen Nachrichten, die in den Medien hauptsächlich kursieren. "Man hat das Gefühl, dass die Welt nur noch schrecklich ist, doch die schlechten Nachrichten sind nur ein kleiner Ausschnitt. Die Welt ist nicht schrecklich", so Wilde.

"Facebook ist ja ganz schön", sagt Tanya Lenn. Wichtig sei es aber auch, den Lebensraum der Eichhörnchen zu schützen, denn der sei vor allem in den Städten zunehmend bedroht. "Der Baumbestand muss erhalten werden. Man kann den Hörnchen auch helfen, indem man Grünflächen und Gärten naturnah gestaltet", so Lenn.