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EU-Vorhaben Mehr Aufsicht für Autobauer und Prüfdienste

Die EU-Kommission will das System der Kfz-Typgenehmigung verschärfen und technische Prüfdienste kontrollieren.

27.01.2016, 23:01

Brüssel (AFP) l EU-Experten sollen den Testern von Tüv, Dekra und ähnlichen Organisationen in Zukunft auf die Finger schauen und bei schlampiger Arbeit Geldstrafen verhängen und Lizenzen entziehen können. Dieser Gesetzesplan zur Kfz-Typgenehmigung ist auch eine Lehre aus der Abgasaffäre bei Volkswagen, wie die Europäische Kommission am Mittwoch in Brüssel erklärte. In Extremfällen will die EU-Behörde sogar Rückrufaktionen für Autos anordnen können.

„Der VW-Abgasskandal hat deutlich gezeigt, dass das System der Marktzulassung von Fahrzeugen weiter verbessert werden muss“, erklärte Vizekommissionspräsident Jyrki Katainen. Zwar hatte die Kommission ohnehin eine Revision des rechtlichen Rahmens der Typgenehmigung vor. Seit Bekanntwerden der Affäre um manipulierte Stickoxidwerte bei Volkswagen wurden die Vorschläge aber verschärft.

Die Typgenehmigung ist die Untersuchung neuer Auto-Modelle durch technische Prüf- organisationen wie Tüv und Dekra und die Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Es handelt sich also um die Prüfung kompletter Baureihen – nicht um die regelmäßige Überprüfung, die ein einzelner Halter jeweils mit seinem Fahrzeug machen lassen muss.

Künftig sollen den Kommissionsplänen zufolge EU-Experten gemeinsam mit Kollegen aus dem jeweiligen EU-Staat jene Tests unter die Lupe nehmen dürfen. Bei schlechter Leistung drohten den technischen Prüforganisationen dann Bußgelder oder sogar Lizenzentzug.

Die Autohersteller ihrerseits sollen zahlen, wenn sie bei der Typgenehmigung betrügen. Hier schlägt die Kommission Strafen von bis zu 30 000 Euro pro Wagen vor. Um Tricksereien auf die Schliche zu kommen, will die Behörde außerdem Zugang zu den Software-Protokollen der Autos sicherstellen. Auch dies könnte der Volkswagenaffäre geschuldet sein. Dem Konzern zufolge war es eine manipulierte Software, die bei den Emissionstests für die falschen, niedrigeren Stickoxidwerte sorgte.

Ferner will die EU mehr Distanz zwischen technischen Prüforganisationen und Autobauern. Dekra und Co. sollen daher nicht mehr direkt von den Herstellern bezahlt werden, um nicht von diesen abzuhängen. Auch die zuständigen Behörden – in Deutschland das Kraftfahrt-Bundesamt – würden einer neuen Kontrolle unterworfen. Sie sollen sich nämlich gegenseitig in sogenannten Peer-Reviews beaufsichtigen.

Darüber hinaus geht es der EU-Kommission nicht nur um die Typgenehmigungen selbst. Vielmehr verlangt sie auch Nachprüfungen, sobald die Genehmigungen erteilt und die Wagen schon auf der Straße sind. Dabei beansprucht die Behörde für sich das Recht, im Extremfall selbst Rückrufaktionen anordnen zu können.

Die Vorschläge der Kommission werden jetzt vom Europaparlament und den EU-Mitgliedstaaten beraten. Aus dem Parlament wurde von deutschen Abgeordneten bereits viel Zustimmung laut. „Es ist richtig, dass die EU-Kommission den Mitgliedstaaten bei ihrer Kontrollarbeit mehr auf die Finger schauen will“, erklärten die Europaabgeordneten Peter Liese und Andreas Schwab (beide CDU).