Die Analyse Neue Stärken etablieren

Sachsen-Anhalt muss im Wettbewerb um Ansiedlungen auch darauf achten, nicht nur verlängerte Werkbank zu sein.

09.08.2017, 23:01

Magdeburg l Betrachtet man die Zahlen, haben Sachsen-Anhalts Standortentwickler in den vergangenen Monaten einen hervorragenden Job erledigt: 26 Unternehmen entschieden sich im ersten Halbjahr für Großinvestitionen im Land. Das waren zehn mehr als im Vorjahreszeitraum. Dieses Plus sei ein klarer Beleg für die guten Investitionsbedingungen im Land, sagt der Wirtschaftsminister. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Deutschland als Lokomotive der europäischen Wirtschaft generell für Investoren attraktiv ist. Verschiedene Metropolregionen buhlen um das große Geld, das neue Arbeitsplätze schaffen soll. Sachsen-Anhalt spielt dabei nicht in der ersten Liga. Im Standortwettbewerb hadert das Bundesland zudem noch immer mit seinem Image.

Sachsen-Anhalt teilt das Schicksal mit den anderen Ost-Ländern, eine verlängerte Werkbank der Konzerne im Westen zu sein: Auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Wende gilt, in den hiesigen Betrieben wird viel produziert, aber nur wenig geforscht. Arbeitsplätze sind deswegen niedriger entlohnt und auch leichter verlagerbar. Innovative Verfahren oder Produkte werden woanders entwickelt. Auch eine internationale Strategie fehlt mitunter. Das ist deswegen problematisch, weil das Erschließen neuer Märkte ein wesentlicher Wachstumsmotor ist. Aus Übersee droht diese Gefahr jetzt erneut. Vor allem asiatische Firmen drängen auf den europäischen Markt: In Halle gab jüngst der chinesische Verpackungsspezialist Greatview Aseptic eine Investitionszusage.

Sachsen-Anhalts Ansiedlungsagentur IMG betont den „gesunden Branchenmix“ der neuen Ansiedlungen im Land. Dass wohl nur eine andere Strategie das Problem der verlängerten Werkbank lösen kann, zeigt der Blick in das Nachbarland: Sachsen zieht mittlerweile hochwertige, forschungsnahe Arbeitsplätze an. Bosch verkündete kürzlich den milliardenschweren Bau einer Chipfabrik. Die Region Dresden gilt als Leuchtturm der deutschen Halbleiter-Industrie. Das helle Licht lockt forschende Unternehmen an.

Sachsen-Anhalt muss seinen Blick schärfen und neue Stärken etablieren. Die Nähe zu Berlin kann helfen, junge Startups anzuziehen. Technologieorientierte Firmen, die im Bundesland weiter wachsen und Arbeitsplätze schaffen – das wäre wirklich eine erfolgreiche Standortpolitik.