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Handel Russischer Investor zerschlägt Real

Heute soll der russische Finanzinvestor SCP die Kontrolle bei der SB-Warenhauskette übernehmen, der bereits Käufer für 141 Filialen gefunden hat.

24.06.2020, 23:01

Magdeburg/ Düsseldorf (dpa/uk) l Die Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof sorgt gerade bundesweit für Schlagzeilen – um die angeschlagene SB-Warenhauskette Real dagegen ist es zuletzt still geworden. Doch für die rund 34 000 Mitarbeiter rückt mit der Übernahme durch den russischen Investor SCP die Stunde der Wahrheit näher. Und ähnlich wie bei Kaufhof wartet man offenbar bis zum letztmöglichen Augenblick mit der Verkündung, welche Filialen eine Zukunft haben und welche in die Abwicklung gehen. In Sachsen-Anhalt ist Real zurzeit mit elf Filialen in Bitterfeld, Blankenburg, Halle, Hettstedt, Irxleben-Hermsdorf, Magdeburg, Peißen, Querfurt, Staßfurt, Weißenfels und Wernigerode vertreten. Dort arbeiten insgesamt 1100 Beschäftigte.

„Wir haben bislang keine Informationen, welche Filialen fortgeführt werden sollen“, sagte Jörg Lauenroth-Mago, Landesfachbereichsleiter Handel der Gewerkschaft Verdi, gestern zur Volksstimme. Dies sei keine Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die seit Monaten in Ungewissheit leben müssen. Gerade in der Corona-Krise habe man dort unter schwierigen Bedingungen seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.

Die Gewerkschaft Verdi sieht in der Übernahme denn auch eine „Existenzgefährdung für Tausende Menschen“, wie Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Mit dem Real-Verkauf werden die 34 000 Beschäftigten zum Spielball des Finanz- und Immobilieninvestors SCP“, warnte die Gewerkschafterin.

SCP betonte zwar erst kürzlich, alle Mitarbeiter würden mit ihren bestehenden Verträgen zu den bestehenden Konditionen übernommen. Der Finanzinvestor macht allerdings keinen Hehl daraus, dass er die Zerschlagung der seit Jahren kriselnden Handelskette plant.

SCP hat bereits angekündigt, 141 der zuletzt noch rund 270 Real-Märkte an Kaufland und Edeka verkaufen zu wollen – 88 an Kaufland, 53 an Edeka. Die Mitarbeiter sollen übernommen werden, wie SCP betonte. Die ersten Märkte sollen ab dem vierten Quartal an die neuen Besitzer übergeben werden. Der gesamte Prozess werde sich über einen Zeitraum von rund 18 Monaten erstrecken.

Für die anderen, mehr als 100 Real-Filialen gelten als mögliche Kaufinteressenten unter anderem Rewe und Globus. Auch eine Aufteilung einzelner Märkte in kleinere Flächen zur besseren Verwertung schloss der Finanzinvestor nicht aus. Rund 30 Märkte müssten allerdings voraussichtlich mangels Perspektiven geschlossen werden, hieß es bereits bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages im Frühjahr.

Real war zuletzt das Sorgenkind bei dem Düsseldorfer Handelsriesen Metro und hatte dort im Geschäftsjahr 2018/19 für tiefrote Zahlen gesorgt. Die Corona-Krise bescherte der vor der Zerschlagung stehenden SB-Warenhauskette allerdings noch einmal ein spätes Comeback. Im März und April stiegen Umsätze und Ergebnis deutlich.

Real habe sich in der Krise als sehr attraktives Format erwiesen. Nicht zuletzt das umfangreiche Nicht-Lebensmittel-Angebot von der Bekleidung bis zum Fernseher habe Kunden in die Real-Filialen gelockt, sagte Metro-Chef Olaf Koch. Eine nachhaltige Perspektive sah der Manager für Real aber dennoch nicht.