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Konsum Moskaus Kaufhaus GUM mit neuen Rekorden

In Krisenzeiten kämpfen viele Russen mit steigenden Preisen. Doch das Moskauer Luxuskaufhaus GUM setzt neue Rekorde. Wie passt das zusammen?

30.11.2018, 23:01

Moskau (dpa) l Es ist einer der meistbesuchten Orte in der russischen Hauptstadt. Leisten kann sich jedoch kaum ein Bürger etwas im wohl exklusivsten Kaufhaus des Riesenreiches. Direkt neben dem Kreml und dem Roten Platz, dem Inbegriff des Kommunismus, steht seit genau 125 Jahren das Moskauer Kaufhaus GUM – und ist so beliebt wie nie zuvor in seiner Geschichte. Am 2. Dezember 1893 wurde es für das Volk als Basar geöffnet.

Heute gibt es hier die teuersten Waren des Landes. Ausländische Luxusboutiquen reihen sich an Ständen mit exquisitem Kaviar für mehrere Tausend Euro. Dennoch gibt es für jeden Preis etwas, allerdings in unterschiedlicher Qualität. „Hier hat jeder die Wahl: Kaufe ich etwa das Salz für ein paar Euro oder schlage ich in einer anderen Kategorie zu?“, sagt der GUM-Geschäftsführer Tejmuras Guguberidse der Deutschen Presse-Agentur.

Doch nur wenige Geschäfte bieten überhaupt Waren an, die sich die Moskauer bei einem durchschnittlichen Einkommen von 68.000 Rubel (etwa 900 Euro) im Monat im besten Fall leisten können. Wer seine Notdurft in der historischen Toilette mit verzierten Türklinken verrichten will, muss schon 150 Rubel (rund 2 Euro) zahlen.

Das während der Zarenherrschaft eröffnete Einkaufszentrum wurde unter den Sowjets zeitweise geschlossen und umfunktioniert. 1953, nach dem Tod des Diktators Josef Stalin, wurde es renoviert und stellte über Jahrzehnte eine Ausnahme von der Mangelwirtschaft dar. Im neukapitalistischen Russland haben sich nun die teuersten Modefirmen aus aller Welt unter dem Glasdach der Einkaufspassage versammelt.

Heutiger Haupteigentümer des einstigen Staatlichen Kaufhauses (Gosudarstwenny Uniwersalny Magasin – kurz GUM) ist die russische Modefirma Bosco di Ciliegi, deren Besitzer Michail Kusnirowitsch gute Verbindungen zu Kremlchef Wladimir Putin pflegen soll.

Den besonderen Flair des einstigen sozialistischen Konsumtempels macht vor allem die prachtvolle Innenausstattung aus: Mit verzierten kleinen Brücken und Stegen sind drei Gänge verbunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken. Bei einer Fläche von insgesamt 75.000 Quadratmetern ist das GUM heute so groß wie etwa 11 Fußballfelder nebeneinander. Flanieren die Touristen durch die Gänge, blicken sie gleich in mehrere russische Epochen: von der Zarenzeit über Sowjetkitsch bis zu moderner Architektur.

In der Boomstadt Moskau mit ihren 12 Millionen Einwohnern rollt der Rubel jedoch vor allem in den knapp 200 Einkaufszentren der Metropole. Während auch in Deutschland der Bau neuer Zentren immer weiter zurückgeht, sollen in Moskau bis Jahresende mindestens neun weitere Shoppingmalls eröffnet werden. Mit der wachsenden Mittelklasse steige auch eine Nachfrage, die der russische Markt nicht decken könne, schreibt das russische Wirtschaftsblatt „RBK“. Deshalb werde dieser Trend in Moskau auch in Krisenzeiten anhalten.

Die Geschäftsleitung des GUM sieht in der Konsumhöllen-Vielfalt der Hauptstadt keine Konkurrenz. „Wir sind nicht nur ein Einkaufszentrum. Wir sind ein atmosphärischer Ort, der Emotionen schafft“, sagt Guguberidse, während im Hintergrund nostalgische Sowjetchansons gespielt werden.

Im Winter kurbeln als Väterchen Frost verkleidete Verkäufer deshalb das Weihnachts- und Silvestergeschäft an. Im Sommer lockt das Kaufhaus mit unzähligen Plombir-Sorten, dem seit Sowjetzeiten im Volk beliebten Milcheis. Für 2018 rechnet Guguberidse mit rund 16 Millionen Besuchern. Etwa 95 Prozent der Besucher kämen lediglich dorthin, um einen Blick in das Prachthaus zu werfen, sagt er. Nur ein minimaler Bruchteil würde hingegen regelmäßig im GUM einkaufen.