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Kükentöten Bruderhähne sind keine Alternative

Bruderhähne und Zweinutzungshühner stellen nach Expertenansicht keine realistische Alternative zum Kükentöten dar.

Von Stephanie Tantius 27.04.2020, 05:00

Hannover/Vechta l Diese seien in ihrer Haltung zu teuer und würden nicht die Gewinne erzielen, die ein Masthuhn oder eine Legehenne einbringen würde, sind sich die Experten einig.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juni 2019 entschieden, dass "das Töten männlicher Küken tierschutzrechtlich übergangsweise zulässig" bleibt. So lange, bis geeignete Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen.

Da das Kükentöten jedoch in der Öffentlichkeit zunehmend auf eine immer breitere Ablehnung stößt, haben einige Geflügelzüchter mit der Aufzucht von Brüderhähnen und Zweinutzungshühnern begonnen.

Bruderhähne sind männliche Küken von Legehennen, die aufgezogen und gemästet werden. Bisher ist dies jedoch eher die Ausnahme. Insgesamt 45 Millionen Legehähnchen werden pro Jahr getötet. Weniger als fünf Prozent werden aufgezogen und zum Bruderhahn, berichtet das Bundesinformationszentrum für Landwirtschaft auf seiner Homepage.

Noch immer werden weltweit fast ausschließlich Hühner gezüchtet, die entweder im Akkord Eier legen oder Fleisch ansetzen. Männliche Küken von Legehennen sind daher nutzlos, denn sie setzen nicht so schnell Fleisch an wie ihre Altersgenossen, die speziell für die Mast gezüchtet werden.

Ein Bruderhahn braucht während der viermal so langen Aufzucht viel mehr Futter als ein Masthähnchen. Daher muss er im Laden später auch deutlich mehr kosten. Ungefähr 95 Prozent mehr als bei einem Masthähnchen kostet die Mast eines Bruderhahns, schätzt das Bundesinformationszentrum. Das würden allerdings nur die wenigsten Verbraucher bezahlen.

Daher haben sich einige Betriebe und Handelsketten für das System der Querfinanzierung entschieden. Die Eier der Legehennen werden zwischen ein und vier Cent teurer verkauft und mit dem Erlös werden männlichen Küken gemästet, so das Bundesinformationszentrum.

Eine weitere Alternative zum Kükentöten ist die Züchtung und Haltung von Zweinutzungshühnern. Das ist eine Hühnerrasse, die sowohl zur Eier- als auch zur Fleischerzeugung gehalten werden kann. Das heißt, die Henne eignet sich zur Eierproduktion und die Hähne gleichzeitig zur Mast.

Diese erreichen jedoch nicht die Leistungen der Eier- und Fleischrassen. Landwirte, die sich zum Wohl der Tiere für diese Nutzung entscheiden, verzichten auf Maximalerträge, berichtet das Bundesinformationszentrum.

Hans-Wilhelm Windhorst, Leiter des Wissenschafts- und Informationszentrums Nachhaltige Geflügelwirtschaft (WING) der Tierärztlichen Hochschule Hannover sagt, im Vergleich mit konventionellen Leistungshühnerrassen sei das Zweinutzungshuhn bei der Eierproduktion deutlich teurer und der Schlachtkörper der Masttiere zu unattraktiv.

Auch das Bundesinformationszentrum berichtet: Zweinutzungshühner werden nur dann eine echte Alternative, wenn es gelingt, Tiere zu züchten, die mehr Eier legen und sich besser mästen lassen.

"Diese ganze Diskussion wird sich in dem Moment erübrigen, wo wir Selektionsverfahren haben, die vor dem Ausbrüten des Eis das Geschlecht erkennen können", sagte Windhorst in Vechta der Deutschen Presse-Agentur.

Zurzeit laufen Forschungsprojekte zu Methoden, mit denen man bei befruchteten Hühnereiern das Geschlecht schon frühzeitig im Ei erkennen kann. Eier, aus denen sich männliche Küken entwickeln, könnten dann aussortiert werden.

Bruderhähne und Zweinutzungshühner greifen eine Praxis auf, die vor Jahrzehnten bereits üblich war, nämlich für die Eier und die Mast dieselbe Hühnerrasse zu nutzen. Tier- und Umweltschützer sehen in dieser Alternative eine Lösung für die gesamte Branche. Seit Ende der 50er Jahre werden Hühner aus wirtschaftlichen Gründen ausschließlich auf eine Eigenschaft gezüchtet: ganz viele Eier zu legen oder möglichst schnell viel Fleisch anzusetzen.