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Leerstand Mehr Lücken in Sachsen-Anhalts Wohnungsmarkt

Die Wohnungsgenossenschaften in Sachsen-Anhalt werden mit zunehmenden Leerständen in ländlichen Regionen konfrontiert.

Von Julia Puder 10.07.2019, 01:01

Magdeburg l Mietendeckel, Enteignung, billiges Bauland: Die Diskussion um bezahlbare Mieten in Berlin schlägt bundesweite Wellen. Viele Großstädte in Deutschland versuchen zurzeit Regelungen zu finden, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. Auch Sachsen-Anhalts Wohnungswirtschaft nimmt die angespannte Lage zur Kenntnis: „Wohnen in Stadt und Land muss auch in Zukunft bezahlbar und attraktiv bleiben“, sind sich Ronald Meißner vom Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt (VdWg) und Jens Zillmann vom Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VdW) einig. Die Verbandsdirektoren stellten am Dienstag die Jahresstatistik der Wohnungswirtschaft 2018 vor.

„Bei uns ist die Diskussion um Mietendeckel und Enteignung nicht angebracht“, stellt Ronald Meißner mit Blick auf die Bilanz fest, „Wohnen in Sachsen-Anhalt ist bezahlbar.“ Im Durchschnitt zahlten die Bürger im vergangenen Jahr 4,89 Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich zu 2017 ist die Miete um ein Prozent gestiegen. Außerdem stellen die Verbände fest, dass im gesamtem Land kein Wohnungsmangel besteht.

Vielmehr habe man in Sachsen-Anhalt mit dem Wegzug und Verfall im ländlichen Raum zu kämpfen. „Schrumpfen ist einfach nicht sexy“, sagt Meißner. Die Verbände verzeichnen einen Leerstand von knapp 33.000 Wohnungen, obwohl seit 2000 bereits 90.000 Wohnungen abgerissen wurden. Die Leerstandsquote bei den Wohnungsgenossenschaften beträgt zurzeit 8,2 Prozent, im kommunalen Bereich 12,6 Prozent. „Ab einer Leerstandsquote von 15 Prozent ist die Existenz der Gesellschaften gefährdet“, erklärt Jens Zillmann.

Für 2030 prognostizieren die Verbände einen Leerstand von 80.000 Wohnungen. Das sei vor allem der demografischen Entwicklung im Land zuzuschreiben. „Alle Landkreise werden deutlich Einwohner verlieren und demnach sinkt auch die Nachfrage nach Wohnraum“, so Meißner.

Die Verbände fordern deshalb die Landesregierung auf, ein Konzept aufzustellen. „Wir brauchen ein Bündnis von Politik, Wohnungswirtschaft und Mietern und keine sinnlosen Vorschläge wie Verstaatlichung“, findet Ronald Meißner. Er fordert einen verbindlichen Stadtumbauplan, der nicht nur Neubauten und Modernisierungen, sondern auch Abrisse fördert. Insgesamt müsse dafür bis 2030 ein Investitionsvolumen von 20 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. „Wir können das, aufgrund der günstigen Mieten, nicht allein stemmen“, so Jens Zillmann.

„Wir werden nicht jedes Dorf halten können“, stellt Ronald Meißner nüchtern fest. Er setze auf Ankerstädte mit Polyzentren. Beispiele in Jena und Düsseldorf werden zurzeit mit Vertretern aus Thüringen und Nordrhein-Westfalen entworfen. Außerdem beteiligen sich die Verbandschefs aktiv an der Kommission der Bundesregierung zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Deren Ergebnissse sollen heute vorgestellt werden.

Dafür müsse ihrer Meinung nach gezielt in Modernisierungsmaßnahmen in den Bereichen Digitalisierung, Infrastruktur, barrierefreies Wohnen und Energiewende investiert werden. Für 2019 planen die Verbände selbst ein Investitionsvolumen von 630 Millionen Euro ein.

Zum VdWg und VdW gehören 192 Wohnungsunternehmen, die 327.224 Wohnungen in Sachsen-Anhalt verwalten und bewirtschaften. Das entspricht 42,5 Prozent des Gesamtmietwohnungsbestandes im Land.