TV-Tipp Betrug

Basti fährt mit einem Ferrari vor dem Kindergarten seines Sohnes vor, und wirft mit Geld um sich - Geld, das er dem Kindergarten geklaut hat. Der Film "Betrug" zeigt, wie ein Vater zum Hochstapler wird.

Von Ute Wessels, dpa 21.08.2018, 23:01

München (dpa) - Um einen Kindergartenplatz für seinen kranken Sohn zu bekommen, gaukelt Basti den Mitgliedern einer Elterninitiative im schicken Münchner Stadtteil Schwabing vor, ein wohlhabender Finanzmanager zu sein. Sein Sohn bekommt den Platz und Basti steckt mitten drin in seinem Lügengebilde.

Die Dokumentation "Betrug" von Filmemacher David Spaeth zeigt, wie ein Familienvater eine Scheinwelt aufbaut, einen Kindergarten auszunehmen beginnt und - weil es zunächst niemandem auffällt - immer weiter macht und immer tiefer hineingerät in den Sumpf. Das Erste zeigt die sehr sehenswerte Dokumentation an diesem Mittwoch um 22.45 Uhr.

Der Betrug ist ganz einfach, berichtet Basti. 1000 Euro zu viel überweist er sich und weil keiner nachfragt, macht er das nochmal. Und dann wieder und immer wieder. Vertrauen, Ehrlichkeit, Loyalität sind Werte, die in der Elterninitiative gelebt werden, die die Mütter und Väter ihren Kindern vermitteln wollen. Genau das nutzt Basti aus. Filmemacher David Spaeth spricht für die Dokumentation sowohl mit dem Betrüger als auch mit den Betrogenen.

Die Elternpaare sitzen in ihren Schwabinger Wohnungen auf schicken Sofas, in Jeans und Socken, und berichten wie Basti zu ihrem Verein kam, wie sie Mitgefühl mit ihm, seiner Frau und dem kranken Sohn hatten, wie toll sie sein Engagement fanden und wie niemand etwas bemerkte. Basti sagt, als er später die Anklageschrift gelesen habe, habe er sich gedacht: "Krasse Sache. Ich hätte es aufgedeckt." Sind nun die Eltern - die den Betrug zwei Jahre lang nicht aufdeckten - selbst schuld, weil sie Basti vertrauten?

Ein wenig belächelt hätten sie den Basti schon, gesteht ein Elternpaar. Er habe mit ständig wechselnden Autos geprotzt, von seinen reichen Schwiegereltern berichtet, von Geschäftsreisen nach Dubai und eben "auf dicke Hose gemacht". Auf der anderen Seite habe er sich eben eingebracht in den Kindergarten, sei präsent gewesen, habe viele Tätigkeiten übernommen. "Das zeitliche Engagement war beeindruckend", sagt eine Mutter. Und die verrückten Geschichten hätten doch immer irgendwie plausibel geklungen.

Basti sagt, er habe "Scham und Missgefühl" überdecken wollen, weil er aus einfachen Verhältnissen stammt, ein "Ossi" ist und eben dazugehören wollte. "Das sind alles Doktoren und Anwälte und Architekten (....) Und die Mamis verkaufen mal hier ein Bild oder machen da ein bisschen Innenausstattung." Als Finanzvorstand des Vereins sei er einer der Bestimmer gewesen und habe eine EC-Karte für das Vereinskonto bekommen. Mit der lieh er sich einen Sportwagen und rauschte vor dem Kindergarten vor. "Eine krasse Egobefriedigung."

Der Betrug wird immer größer, immer aberwitziger. Als Basti die Mütter und Väter zum Elterntreffen zu sich nach Hause einlädt, kauft er extra neue Möbel - vom Geld aus der Kindergartenkasse. Nach zwei Jahren sind die etwa 300.000 Euro an Rücklagen des Kindergartens weg - und die misstrauischen Stimmen unter den Eltern häufen sich. Der Betrug fliegt auf, der Kindergarten steht vor dem Ruin.

Sehenswert an der Dokumentation ist vor allem, wie beide Seiten, die Betrogenen und der Betrüger, die Situation reflektieren und wie fair und in gewisser Weise nachsichtig die Eltern auch nach der ganzen Geschichte noch über Basti sprechen. Zugleich wird auch die tiefe Enttäuschung deutlich darüber, so ausgenommen worden zu sein. Und Basti? Er habe zwei Jahre lang das Leben eines Hollywood-Stars gelebt, berichtet er. Bis zum tiefen Absturz.

Betrug