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TV-Tipp Der 90-Minuten-Krieg

Wie kann man in einem Streit zwischen zwei Völkern entscheiden, an dem schon alle Vermittler gescheitert sind? Mit einem Fußballspiel! Eine Mockumentary nimmt die bittere Nahost-Realität auf die Schippe.

Von Sara Lemel, dpa 28.06.2017, 23:01

Jerusalem (dpa) - Nach jahrzehntelangem Blutvergießen und immer wieder gescheiterten Verhandlungen wollen Israel und die Palästinenser ihren Konflikt ein für alle Mal lösen - ein Fußballmatch soll über die Aufteilung des umstrittenen Landes entscheiden.

"Ein einziges Spiel, das bestimmt, wer bleibt und wer sich eine neue Heimat suchen muss", erklärt ein Nachrichtensprecher vor der Skyline Jerusalems zu Beginn des deutsch-israelischen Films, der am Donnerstag (23.05 Uhr) bei Arte läuft, das fiktive Szenario.

Der Film "Der 90-Minuten-Krieg" versucht, sich einem todernsten Thema auf humoristische Weise zu nähern. Alle realen Versuche, den Nahost-Konflikt friedlich zu lösen, sind kläglich gescheitert. Der britische Autor George Orwell beschrieb internationalen Fußball einst als "Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln". Der israelische Regisseur Eyal Halfon setzt nun in seiner Mockumentary - einem fiktionalen Dokumentarfilm mit satirischer Einfärbung - auf den Ballsport als Friedensstifter.

Beide Seiten sind des Kämpfens müde und versuchen mit dem dramatischen Entscheidungsspiel, den Gordischen Knoten durchzuschlagen. Dabei setzen sie alles aufs Spiel, um was sie so lange hartnäckig gekämpft haben: Der Verlierer muss gehen, der Gewinner bekommt alles - vom Mittelmeer bis zum Jordan-Fluss, von Galiläa im Norden bis Eilat im Süden. Um dieses Stück Land am östlichen Mittelmeer streiten Israel und die Palästinenser schon seit Jahrzehnten.

Doch schon die Vorbereitungen auf das Spiel gestalten sich kompliziert. Der israelische und der palästinensische Verbandsfunktionär, gespielt von Mosche Ivgi und Norman Issa, streiten sich um alles - auch um den Schiedsrichter. Doch die Hauptrolle spielen eigentlich die Geschichte des Konflikts und die schwierige Realität vor Ort.

In einer Szene wird etwa gezeigt, wie das palästinensische Fußballteam von einem israelischen Soldaten schikaniert wird. Die eine Hälfte des Teams - aus dem Westjordanland - will in den Gazastreifen fahren, um dort mit der anderen Hälfte des Teams zu trainieren. Doch Israels Armee lässt sie nicht durch, obwohl sie eine Reiseerlaubnis haben. "Es ist immer dieselbe Geschichte", sagt der palästinensische Verbandschef schließlich frustriert.

Und das israelische Team hat ausgerechnet einen deutschen Trainer. "Herr Müller" (Detlev Buck) sagt auf die Frage, ob er denn als Deutscher eine besondere Verantwortung für die Zukunft des jüdischen Volkes spüre: "Entschuldigen Sie, ich bin nur Fußballtrainer. Kein Historiker, kein Politiker, kein Soldat." Und fügt hinzu: "Es ist nur Fußball."

Dabei geht es doch um das Schicksal zweier Völker, die sich selbst oft als Spielball der Geschichte sehen. "Das ist kein Spiel, das ist Krieg", sagt einer der Repräsentanten des israelischen Teams. Der reale Konflikt scheint immer wieder durch. Etwa wenn ein Topspieler durch ein geheimes, unterirdisches Tunnelsystem in die Palästinensergebiete geschmuggelt wird. Oder wenn ein von beiden Seiten begehrter Spieler sich zwischen seiner israelischen und seiner palästinensischen Identität hin- und hergerissen fühlt.

Zwischen die Fronten gerät bei den Vorbereitungen auf das schicksalhafte Spiel der Präsident der "IFA" - eine Parodie auf den Fußball-Weltverband FIFA. "Wenn jemand Probleme lösen kann, dann sind wir es", sagt der Vorsitzende der IFA, der aber auch als zynischer Geschäftemacher dargestellt wird. Und wer gewinnt zum Schluss? Das entscheidet sich (vielleicht) nach dem Abpfiff.

Der 90-Minuten-Krieg