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TV-Tipp Einer muss bezahlen: Der Krimi "Mörderische Stille"

Eine Leiche in der Nordsee führt die Ermittler zu Verwicklungen, die mit dem Kosovo-Krieg zu tun haben. 3sat hat einen spannenden Thriller im Programm. Jan Josef Liefers glänzt als Polizist.

14.12.2020, 23:01
Gordon Timpen
Gordon Timpen 3sat

Berlin (dpa) - Ein Mann liegt in der Badewanne. Draußen auf See vor Wilhelmshaven entdeckt ein Angler eine Leiche, die in weißes Segeltuch gewickelt ist. So beginnt der Thriller "Mörderische Stille", der am Dienstag (20.15 Uhr) auf 3sat zu sehen ist. Es bleibt in diesem Krimi aus dem Jahr 2017 nicht bei einem Toten.

Der Mann in der Wanne ist Kriminalhauptkommissar Jan Holzer (Jan Josef Liefers). Er findet heraus, dass der Tote 1989/90 ein Offizier der niederländischen KFOR-Truppen im Kosovo war. Dann wird der Seilmacher Miro (Peter Franke) erschossen. Bei seinen Ermittlungen lernt Holzer den Segellehrer Michael Kühnert (Peter Lohmeyer) kennen, der früher als KSK-Soldat ebenfalls im Kosovo war, und seine gehörlose Frau Elena (Sylvie Testud).

Sie verständigen sich - auch mit ihrer Tochter Sabin (Franziska Brandmeier) - in Gebärdensprache. Das fasziniert Holzer sichtlich. Nächtens plagen ihn jedoch schwere Alpträume, weil ihn eine alte Schuld verfolgt, samt Tinnitus, den auch der Zuschauer "hören" kann.

Seine Assistentin Amal Catack (Ivan Anderson) aus Berlin stößt auf ein obskures Video. Sie findet heraus, dass sich der Ermordete vor zehn Jahren einem Disziplinarverfahren in der Armee stellen musste - wegen Menschenhandels und Vergewaltigung während seines Dienstes. Catack kann nicht verhindern, dass Holzer entführt und von einem Segelboot aus in die offene See geworfen wird. Er überlebt aber.

Autor und Regisseur Friedemann Fromm hat einen psychologisch spannenden Politkrimi geschrieben und gedreht, bei dem einem der Kosovo-Krieg beängstigend nahe gebracht wird. Es entspinnt sich ein Drama um Schuld und Sühne, und ganz allmählich wird außerdem ein schreckliches Familiengeheimnis enthüllt.

Jan Josef Liefers kann hier als traumatisierter Kommissar, der ein gehöriges Päckchen mit sich herumträgt, eine ungewohnt sanfte Seite zeigen, samt gehöriger Ernsthaftigkeit und einiger Melancholie. "So sauber und ordentlich geknotet", murmelt er angesichts des Tuches, in das die Leiche gewickelt ist.

Der ernste und sorgfältig recherchierte Film ist starker Tobak. Immerhin bietet er zumindest einige wenige witzige Dialoge: "Ihr Chef ist ein Arschloch." - "Aber er ist gut im Bett" oder "Muss es denn unbedingt Mozart sein? Gibt's nicht was weniger Schwules?" Letzteres sagt alles die kratzbürstige Amal Catack, die ohnehin ein loses Mundwerk hat.

Sie wird von Ivan Anderson sehr authentisch gespielt, was man unbedingt auch von der großartigen Sylvie Testud ("Jenseits der Stille") sagen muss. In ihrem Gesicht spiegelt sich viel verzweifelte Sehnsucht, und ihr geheimnisvoller Blick jagt einem so manchen Schauer über den Rücken. Zwischen ihrer Elena und Jan Holzer sind von Anfang an besondere Schwingungen spürbar.

"Ich wollte menschlicher sein als der Krieg", sagt Kühnert am Ende des Filmes. Das ist natürlich genauso wenig möglich wie ein gerechter Krieg - und eine Versöhnung nach so vielen Jahren. "Das ganze Leben ist wie Krieg, das bedeutet, dass man grausam sein muss. Einer muss immer bezahlen, sonst kommt nichts ins Gleichgewicht."

© dpa-infocom, dpa:201211-99-651671/3