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Der Traum vom Fußball-Wunder mit Hilfe aus Fernost

Yasuhiko Okudera war 1977 der erste japanische Spieler in der Fußball-Bundesliga. Seitdem genießen die Kicker aus Fernost einen guten Ruf. In Österreich spielen gleich sechs Japaner in einem Regionalliga-Verein. Der SV Horn hat rekordverdächtige Ziele.

Von Albert Otti, dpa 27.04.2016, 07:08

Horn (dpa) - Provinz, tiefe Provinz. Aber eine VIP-Tribüne und ein Rasen wie im Wembley-Stadion. Und ein Traum: In fünf Jahren wollen wir in der Champions League sein. Wer das sagt? Masanori Hamayoshi, 44 Jahre alt, Japaner und seit kurzem als künftiger Trainer in Diensten des SV Horn.

Wo ist das? In Niederösterreich, 30 Kilometer vor der Grenze zu Tschechien. In diesem an Attraktionen nicht überreich ausgestatten Landstrich soll mit Hilfe aus Fernost ein Fußball-Wunder wahr werden. Der SV Horn, aktuell Tabellenerster der Regionalliga Ost in Österreich, hat Ambitionen, die sogar die Teams von Red-Bull-Magnat Dietrich Mateschitz bescheiden wirken lassen.

Der SV Horn, gegründet 1922, hatte drei Spielzeiten (2012-2014) in Österreichs 1. Bundesliga absolviert, die der deutschen 2. Bundesliga entspricht. Der Abstieg in die Regionalliga Ost war eine große Enttäuschung, aber auch ein sportlicher Weckruf. Über ein paar Umwegen tauchte Keisuke Honda auf, als Spieler beim AC Mailand der wohl bekannteste Japaner in Italien. Der 29-Jährige betreibt in Japan eine Kette von Fußball-Schulen mit erfolgshungrigen Kids, die später unter anderen in den Ligen Europas eine sportliche Zukunft finden wollen. Der SV Horn soll mit Hondas Geld zu einem Sprungbrett für die Schüler und nebenbei mega-erfolgreich werden.

Das Ziel ist ähnlich wie bei RB Leipzig, sagt Hondas Cousin Yoji, der beim SV Horn das Management übernommen hat. Wir fangen unten an, um später ganz an die Spitze zu kommen. Aber der Unterschied sei, dass Red Bull eine große Firma mit viel Geld sei. Wir wollen das Gleiche mit einem anderen Budget erreichen, meint Honda. Was die Japaner in den Verein stecken, verraten sie nicht.

Jedenfalls hat der SV Horn 27 Profis im Kader, einmalig in dieser Liga. Darunter sind inzwischen sechs Spieler aus Japan - und Hamayoshi, der künftig als Trainer eine Spitzenmannschaft formen soll. Er hat Trainerstationen in Slowenien hinter sich, spricht Slowenisch, Englisch und Fußball-Deutsch. Ich bin kein typischer Japaner. Ich mache europäischen Fußball, sagt er. Sein Motto: Jeden Tag soll jeder Spieler ein bisschen besser werden. Dann schaffen wir das.

Der Geldgeber aus Fernost hat in Niederösterreich ein gut bestellbares Feld gefunden. Wir sind sehr selbstständig. Wir sind Eigentümer der gesamten Infrastruktur. Es ist ein Verein, wo man viel gestalten kann, sagt Geschäftsführer Marc-Kevin Prischnig. Bei Heimspielen kommen rund 1500 Menschen in die vor vier Jahren modernisierte Waldviertler Volksbank Arena, die 4000 Plätze fasst.

Aber seitdem auch die Japaner am Ruder sind, ist per Internet für große Öffentlichkeit gesorgt. Rund 20 000 Menschen schauen in Japan per Webstream zu, wenn der SV Horn gegen den SC Ritzing oder den FC Stadlau kickt. Die Ost-West-Zusammenarbeit soll künftig auf Basis einer GmbH funktionieren. 51 Prozent SV Horn, 49 Prozent Honda Estilo, sagt Prischnig.

Für Torwart Shuichi Gonda ist Horn eine aktuell sehr schmerzliche Erfahrung. Der 27-Jährige, immerhin bereits mehrfach im Tor der japanischen Nationalmannschaft, wurde zu Jahresbeginn vom FC Tokyo für ein Jahr nach Österreich ausgeliehen. Bereits im zweiten Spiel erlitt er jedoch einen Schienbeinbruch. Noch unbekannt ist Mittelfeldspieler Kenta Kawanaka (18), der direkt von einer japanischen Schulmannschaft in den 6600-Seelen-Ort gekommen ist. Die Kultur-Unterschiede zwischen Österreich und Japan sind laut Honda nicht zu bestreiten. In Japan haben wir strikte Regeln, strikte Fristen. Das ist hier in Österreich anders.

Auch für die Fans ist die japanische Lebensart näher denn je. Das Buffet im Stadion offeriert auch Reisgerichte und Sake. Die Fans sehen die Entwicklung mit unterschiedlichen Gefühlen. Im kleinen Tankstellencafé sitzen Hermann Essmeister und ein Freund. Wenn sie aufsteigen in die 1. Liga, ist das schon mehr als gut, meint Essmeister. Sein Kollege ist da weniger euphorisch. Das ist kein SV Horn mehr. Das ist der SV Japan, Slowenien oder Tschechien, sagt er mit Blick auf die vielen Spieler mit ausländischen Wurzeln.

SV Horn

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