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GastronomieIn Kalbe einen Lebenstraum erfüllt

Sabine Junker und Ulrich Damm, ein Paar aus dem Münsterland, erfüllen sich in Kalbe den Traum von einer eigenen Gaststube.

Von Cornelia Kaiser 15.02.2019, 12:37

Kalbe l Helmut Kohl hat dort schon gespeist. Das Volksmusikduo Marianne & Michael ebenso. In den 1990er Jahren war das Kalbenser Kutscherhaus mehr als nur ein Geheimtipp. Das urige Gasthaus hatte viele Fans. Doch mehrere Betreiberwechsel und die Tatsache, dass es dann nicht mehr regelmäßig geöffnet war und sich dort auch ein erheblicher Investitionsstau offenbarte, haben dazu geführt, dass es kaum noch frequentiert wurde. Das soll sich aber bald wieder ändern.

In den Kästen, in denen früher die Speisekarte zu lesen war und auf besondere Veranstaltungen in dem Gasthaus aufmerksam gemacht wurde, hängen nun Zettel, auf denen steht: „Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten stehen wir Ihnen bald (fast) täglich zur Verfügung.“ „Wir“, das sind die neuen Inhaber Sabine Junker und Ulrich Damm, die im März das Kutscherhaus wieder öffnen wollen.

Allerdings haben die beiden, die viel in Eigenleistung machen, noch eine Menge Arbeit vor sich. Deren immenser Umfang, der habe sich, sagen sie, im Vorfeld so nicht vorausahnen lassen. Aus einer Baustelle ergebe sich quasi immer gleich die nächste. Denn in dem historischen Gebäude war längere Zeit nichts mehr angewendet worden.

Allerdings, so die neuen Inhaber, seien alle Arbeiten mit dem Denkmalschutz abzustimmen. Immerhin genießt das Gebäude, das laut Heimatforscher Henning Krüger im Jahr 1742 auf dem damaligen Wirtschaftshof des Gutes von Alvensleben errichtet worden ist, aus gegebenem Anlass Schutzstatus. Aber es würden bereits gute Kontakte zur zuständigen Behörde und auch zur heimischen Handwer- kerschaft existieren. Denn auf die, sagen Sabine Junker und Ulrich Damm, seien sie bei diesem Projekt zwingend angewiesen.

Doch wie kamen die zwei Mittfünfziger, die seit rund fünf Jahren ein Paar sind und die zuvor schon, jeder für sich, Familie gegründet hatten, überhaupt auf das Kalben-ser Kutscherhaus? Immerhin stammen sie ja beide aus dem Münstlerland in Nordrhein-Westfalen. „Ich habe es im Internet gesehen. Es stand dort zum Verkauf. Dann sind wir hingefahren, haben es uns angeguckt – und fanden es toll“, sagt Sabine Junker. Sie und ihr Partner hatten zu diesem Zeitpunkt den Wunsch, noch einmal etwas völlig Neues zu wagen. Ein eigenes Gasthaus war so etwas wie ein Lebens-traum. Und als sie dann auch noch draußen vor dem Kutscherhaus mit einem Patienten der Median-Klinik zusammensaßen und der ihnen sagte, dass man in Kalbe quasi abends nirgends essen gehen kann, da war die Sache irgendwie klar.

Gereift war der Wunsch nach einem eigenen Gasthaus unter anderem, als die beiden, unabhängig voneinander, den Jakobsweg gelaufen waren. „Dort erlebst Du jeden Tag Gastgeber unterschiedlicher Coleur“, sagt Ulrich Damm, der seinen Beruf als Leiter einer Sparkassen-Filiale vor einigen Jahren aufgegeben und sich danach im Finanzsektor selbstständig gemacht hat. Zudem haben sich er und seine Partnerin, die Jahrzehnte lang als Krankenschwester tätig war, zu Pilgerbegleitern ausbilden lassen. Mit Zertifikat.

„Wir sind beide Menschenfreunde. Und ich habe gern Gäste um mich, bewirte sie auch gern“, sagt Sabine Junker. Sie möchte künftig auch selbst in der Küche stehen und kochen. „Und zwar Hausmannskost. Aber es wird auch immer etwas Vegetarisches geben“, verrät sie. Und ihr Lebensgefährte ergänzt: „Wir planen wöchentlich wechselnde Angebote.“ Die Speisekarte soll allerdings überschaubar bleiben. Schließlich will alles frisch zubereitet werden. Es soll nichts aus der Tüte kommen. Das haben sich die neuen Kutscherhaus-Besitzer ganz fest vorgenommen.

Ihren Hauptwohnsitz haben sie bereits nach Kalbe verlegt. Täglich sind sie von morgens bis abends in ihrer künftigen Gaststube zu finden. Denn es gibt dort sehr viel zu tun. Der Teppichboden ist herausgenommen worden, die Küche wird gerade modernisiert. Und auch an den Sanitäranlagen ist noch einiges zu machen. Was bleiben soll, ist das rustikale Mobiliar des Kutscherhauses, wobei aber alle Einrichtungsgegenstände gut aufeinander abgestimmt werden sollen. Maximal 40 Personen können dort künftig bewirtet werden. Aber wenn die Tische einzeln stehen, ist mit 25 Besuchern schon eine sehr gute Auslastung erreicht.

Weil es aktuell keine einzige Gaststätte – abgesehen von einem Imbiss – in Kalbe gibt, die abends geöffnet ist, wird die Wiederinbetriebnahme des Kutscherhauses von vielen herbeigesehnt. „Wir hatten auch schon Anfragen zu Feiern“, sagt Sabine Junker. Aber noch könne das genaue Eröffnungsdatum nicht genannt werden. Denn es hänge davon ab, wie die Renovierungsarbeiten voranschreiten. Auch die Handwerker müssten noch ja noch einmal ran.

„Aber wir haben keine Angst vor der Arbeit, die künftig auf uns zukommt“, sagt Sabine Junker lächelnd. Sie und ihr Partner hätten sich die Sache schließlich gut überlegt.

Ein bis zwei Ruhetage wird es künftig in der Woche geben. „Aber nicht an den Wochenenden“, schiebt Ulrich Damm lachend hinterher und ergänzt: „Wir wollen um 11 Uhr aufmachen. Und abends gucken wirdann mal ...“ In der wärmeren Jahreszeit soll vor dem Haus ein Biergarten geöffnet werden.

Auch Ulrich Damm freut sich auf das, was auf ihn und seine Lebensgefährtin zukommt und meint: „Du darfst das nicht als Job betrachten. Du musst Spaß an dem haben, was Du machst.“

Dass beide gern mit Menschen umgehen, kommunikativ sind und auch den gemeinhin als stur geltenden Menschenschlag des Altmärkers gut zu nehmen wissen, das ist in jedem Gespräch mit ihnen zu spüren. „Wir gehen gern auf die Leute zu.“ Und so seien auch schon viele Kontakte entstanden, sagt Sabine Junker.

Sie selbst bezeichnet sich als jemanden, der „ostaffin“ ist. Und das nicht erst seit gestern. Sie überlegt kurz, woran das liegen könnte und sagt dann: „Vielleicht, weil die Menschen hier noch so natürlich sind.“