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Ausstellung Botticelli Superstar

Berliner Gemäldegalerie widmet sich dem Florentiner Maler und seinem blumigen Nachleben.

Von Uta Baier 23.09.2015, 23:01

Berlin l Die Renaissance des Renaissancemalers dauerte Jahrhunderte. Es mag zwar heute nur schwer vorstellbar sein, dass ein Maler wie Sandro Botticelli lange Zeit nicht nur gering geschätzt wurde, sondern gänzlich vergessen war. Doch nach dem Tod des Florentiner Malers, der 1445 geboren wurde und 1510 starb, war das Publikum nicht allzu interessiert an seinen langhaarigen Venusdarstellungen, seinen präzisen Porträts und liebreizenden Marienbildern. Sogar seine Altartafeln, die für bedeutende Kirchen und Klöster in Florenz entstanden, waren bald durch „modernere“ ersetzt worden.
Das hat sich geändert – allerdings erst vor etwa 200 Jahren. Da wurde Botticelli (das Fässchen), der eigentlich Sandro di Mariano heißt, von Sammlern und Museen wiederentdeckt. Heute ist er einer der Superstars unter den Künstlern weltweit. Motive seiner Gemälde werden auf Tassen, Schürzen, Postkarten, Regenschirme gedruckt. Aber nicht nur das: Botticelli inspirierte auch zu neuer Kunst. Diese ganz besondere Verbeugung von Künstlern vor ihrem Kollegen ist Thema einer – zumindest zu Anfang – überaus amüsanten Ausstellung, die ab heute in Berlin zu sehen ist.
Denn „The Botticelli Renaissance“ eröffnet nicht mit Botticelli-Gemälden, von denen die Berliner Gemäldegalerie immerhin acht besitzt, sondern mit einer Autofelge des italienischen Herstellers OZ mit dem Namen Botticelli. Ihr folgen Videos und Fotos, Kleider und viele nackte Frauen, die in Muscheln stehen. Sie alle stammen von zeitgenössischen Künstlern und beziehen sich auf Botticellis „Geburt der Venus“ und „Primavera“ (Frühling). Das alles ist schön bunt und äußerst unterhaltsam, zeigt aber auch, dass das Interesse zeitgenössischer Künstler ziemlich eindimensional und oberflächlich ist.
Da die Ausstellung ein Gemeinschaftsprojekt von Berliner Gemäldegalerie und Londoner Victoria & Albert Museum ist, sind im zweiten Teil viele Gemälde der englischen Präraffaeliten Edward Burne-Jones, Dante Gabriel Rossetti und anderer zu sehen. Die Präraffaeliten waren die wohl größten Botticelli-Begeisterten, kopierten vor seinen Gemälden, malten Porträts und Frauenfiguren nach seinem Schönheitsideal. Mit diesem englischen Fokus bekommt die Ausstellung eine interessante Erweiterung, denn viele der Werke und Künstler sind in Deutschland eher unbekannt.
Bis zu diesem Punkt – immerhin sind bereits zwei Drittel der Säle durchschritten – war zwar viel von der Botticelli-Begeisterung zu sehen, doch nur eines seiner Werke: Die Berliner „Venus“ hängt zwischen den zeitgenössischen Adaptionen. Und das bleibt auch im letzten, großen Ausstellungssaal noch eine ganze Weile so. Denn dort steht ein großer schwarzer Kasten, an dessen Außenwänden, eng gedrängt, aber delikat beleuchtet, Botticelli-Gemälde aus den Museen der ganzen Welt hängen. Doch keines davon ist signiert. Die beiden einzigen signierten Werke sind das Gemälde „Mystische Geburt“ von 1501 und eine Zeichnung zu Dantes „Göttlicher Komödie“. Ihnen allein haben die Ausstellungsmacher das mystisch-rot schimmernde Innere des schwarzen Kastens vorbehalten.
Die Verunsicherung, die diese Inszenierung auslöst, ist die eigentliche Botschaft der Ausstellung: Nichts ist sicher, jede Zeit hat ihren Botticelli. Deshalb muss man auch heute sehr genau hinsehen, um die große Kunst des Sandro di Mariano zu erkennen.
„The Botticelli Renaissance“: Berlin, Gemäldegalerie, 24. September bis 24. Januar. Di-Fr 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr. Eintritt: 14 Euro.