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Puppentheater Ein berührendes Katzenhaus

"Das Katzenhaus" hatte für Menschen ab 6 Premiere am Puppentheater Magdeburg.

Von Claudia Klupsch 16.05.2016, 23:01

Magdeburg l Vor etwa 60 Jahren brachte der russische Schriftsteller Samuil Marschak „Das Katzenhaus“ zu Papier. Über die Generationen wurde die Geschichte der Katzenfürstin Koschka zum Kinderbuchklassiker. Humorvoll und berührend, mit beeindruckend-symbiotischem Spiel von Puppen und Menschen - die neue Produktion des Puppentheaters Magdeburg „Das Katzenhaus“ begeistert bei der Premiere am Sonnabend kleine und große Besucher.

Regisseur Moritz Sostmann setzt gleichermaßen auf die Puppenspielkunst und das schauspielerische Können der auf der Bühne agierenden Claudia Luise Bose, Richard Barborka und Leonhard Schubert. Die Inszenierung verzichtet auf sinnesreizende Ton-, Licht- und Video-Kreationen. Das Stück lebt vom engagierten Spiel der Akteure, vom Text in gefälligen Versen, von der Livemusik, die die Puppenspieler gleich mitliefern. Drei Alles-Macher lassen bis zum letzten Reim nicht mehr los.

„Denkt euch ein Haus, wie ein Prunkschloss sieht es aus.“ Die Bühne von Sven Nahrstedt zeigt eher unspektakuläres barockes Plüschmobilar. Der große Flügel dominiert im Katzenhaus. Ein solches Instrument verheißt, hier wohnen kultivierte Leute, die die Kunst lieben. Fürstin Koschka liebt vor allem den Luxus. Puppenbauer Mario Hohmann hat ein eindrucksvolles Katzentier „ältesten Angora-Adels“ geschaffen. Vornehmheit verleiht der Figur Puppenspieler Leonhard Schubert mit seiner betont sauber artikulierten Sprache und den gesetzten Bewegungen. Sehr gut greifen die Ideen, die verwöhnte Schlossherrin zu zeigen. Drei Bedienstete haben alle Hände voll zu tun, ihren Bedüfnissen nachzukommen. Die Szene amüsiert, als die auf Damastdecken gebettete Diva gebürstet wird und vor Wonne seufzt und miaut.

In der Feierszene mit den Schlossgästen beweisen die drei Puppenspieler all ihr Können. Sie springen zwischen Puppenspiel und Schauspiel hin und her, wechseln Rollen, Dialekte und Maskerade blitzschnell, singen und tanzen. Die alle Konzentration fordernde Szene meistern die Spieler mit Bravour. Sie schaffen das Bild einer rauschenden Party, der sich Ziegenbock nebst Gemahlin, Hahn und Henne sowie die fette Frau Schwein ausgelassen hingeben. Die reichen Tiere wiegen sich im Tanze, frönen der Dekadenz und Oberflächlichkeit. Musikalischer Höhepunkt ist die Arie des Gockels „Blau ist die Nacht“. Was für eine Schnulze! Welch ein Gejaule! Welch Amüsement für die Zuschauer! Den komischen gefiederten Opernsänger gibt dabei Richard Barborka, der mit seinen Kompositionen und der Klavierbegleitung die musikalischen Akzente in der Inszenierung setzt.

Zwei verwaiste obdachlose hungrige Katzenjungen, die vor der Türe miauen, stören das luxuriöse Leben. Das klägliche Jammern „Lass uns rein“ erweicht nicht, sind es doch „Bettler, die ersäuft werden sollten“. Im Auftrage seiner gleichgültigen Herrin verjagt Koschkas Diener, der zauselige Kater Wassja, fauchend die armen Kleinen, die der Puppenbauer in ihrer ganzen jämmerlichen Hilflosigkeit zeichnete.

Dramatisch schwellen Musik und Sprache an, als das Schloss abbrennt. Das Mobilar verschwindet buchstäblich im Rauch, in den die Bühne getaucht wird. Die nun obdachlosen Koschka und Wassja irren auf der Suche nach einer Bleibe durch die schaurig-dunkle Nacht. Die einstigen Partyfreunde lassen sie eiskalt abblitzen. Was geht mich fremdes Leid an? Unterschlupf gewähren ihnen ausgerechnet die armen Waisenkinder. Die Szene geht zu Herzen: Vier Katzenfiguren - zwei große, zwei kleine - auf engstem Raum friedlich aneinandergekuschelt. Die armen Kleinen sind es, die Menschlichleit bewahren.

„Das Katzenhaus“ verpackt die moralische Botschaft überaus vergnüglich und dennoch eindringlich. Für die kleinen Zuschauer ist sie leicht fassbar. Für Erwachsene nicht minder. Barmherzigkeit, zu bewahrende Menschlichkeit - genug Futter für die Gedankenmaschine.