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Dante Alighieri wird 750

18.05.2015, 11:00

Rom - Der Mann wurde schon zu Lebzeiten zur Legende. Wenn Dante Alighieri als alter Herr durch die Gassen von Ravenna streifte, dann steckten die Leute die Köpfe zusammen und tuschelten. "Der war in der Hölle!", raunten sie sich zu.

Schließlich hatte der Dichter das Inferno bis ins kleinste Detail beschrieben, und zwischen Dichtung und Wahrheit wollten die Zeitgenossen oft nicht recht unterscheiden.

Seit seinem Tod 1321 in Ravenna ist Dantes Ruhm eigentlich nur gestiegen. Mit seinem Versepos "Die Göttliche Komödie" schuf der hochgebildete Poet nicht nur ein plastisches Bild von Himmel, Hölle und Fegefeuer, sondern verknüpfte darin auch das historische, naturwissenschaftliche und philosophische Wissen seiner Zeit mit einer hinreißenden Liebesgeschichte. So ist er auch nach einem dreiviertel Jahrtausend nicht vergessen, und wenn sich sein Geburtstag nun zum 750. Mal jährt, dann feiert ganz Italien. Allen voran seine Geburtsstadt Florenz, die ihn einst schnöde verbannte.

Das genaue Geburtsdatum ist nicht bekannt, aber bei 750 Jahren kommt es auf den Tag nicht an. Der Mann, dessen Konterfei die italienische Zwei-Euro-Münze ziert, gab an, im Sternzeichen Zwillinge geboren zu sein. Kalenderreformen berücksichtigt, ergibt das einen Zeitraum zwischen Mitte Mai und Mitte Juni. Die offiziellen Feiern begannen Anfang Mai, als Oscar-Preisträger Roberto Benigni ("Das Leben ist schön") im Senat in Rom den 33. Gesang des "Paradiso" aus der "Göttlichen Komödie" las. Landesweit hat das italienische Kulturministerium knapp 200 Events mitorganisiert. Das Spektrum reicht von Konferenzen, Lesungen, Ausstellungen und Konzerten bis zu Tanz, Theater und Videoinstallationen.

Dante kam 1265 in bewegten Zeiten zur Welt. Florenz war eine rasant wachsende Stadt, die größte und reichste Italiens, sie wurde aber immer wieder von blutigen Kämpfen zwischen kaiser- und papsttreuen Parteien zerrissen. Dante, der auch Erfahrung als Soldat und Politiker sammelte, fand sich irgendwann auf der falschen Seite wieder, wurde 1302 aus Florenz verbannt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Seine Heimatstadt sah er nie wieder. Er lebte lange in Verona und schließlich in Ravenna, wo er begraben liegt.

Schon mit neun Jahren hatte sich der kleine Dante in die ein Jahr jüngere Beatrice Portinari verliebt. Er sah sie nur wenige Male, und beide heirateten andere Personen; mit seiner Ehefrau Gemma hatte Dante vier Kinder. Aber nach Beatrices frühem Tod 1290 begann er, sie in seinen Gedichten zu verherrlichen und schließlich, in der "Komödie", zu vergöttlichen. Dort trifft er Beatrice auf seiner imaginären Reise durchs Jenseits im Paradies wieder und lässt sich von ihr durch den Himmel führen.

Als junger Dichter verschrieb sich Dante dem "dolce stile nuovo", dem "süßen neuen Stil". Das Gedicht "Vita Nuova" (Neues Leben) von 1292 dreht sich erstmals um Beatrice. Im philosophischen Werk "De Monarchia" (Von der Monarchie) ergreift er Partei für den Kaiser im Machtstreit mit dem Papst, in "Il Convivio" (Das Gastmahl) begründet er, warum er auf Italienisch statt Lateinisch dichtet: Er wolle gerne von allen verstanden werden. Unter den italienischen Dialekten entscheidet er sich für das Toskanische und hat damit großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der italienischen Sprache.

In der "Göttlichen Komödie" findet seine Dichtkunst ihre Vollendung. Es ist bis heute faszinierend, mit welch mathematischer Präzision dieses Werk durchkomponiert ist und wie Dante darin das Wissen seiner Epoche zusammenfasst. Für seine Mitmenschen war der gelehrte Mann anscheinend nicht immer ganz einfach. Der Chronist Giovanni Villani bezeichnet ihn als "ziemlich eingebildet und hochfahrend" und "wenig freundlich im Umgang". Der ihm wohlgesonnene Boccaccio beschreibt Dante als "liebestoll bis ins Alter."

In seinen Schilderungen der Hölle, wo Heerscharen von Teufeln Sünder martern, entfaltet Dante eine grausige Phantasie, daher das Adjektiv "dantesk". Er nimmt sich die dichterische Freiheit zu entscheiden, wer dort unten schmoren muss, zum Beispiel viele seiner Florentiner Feinde. Aber auch fünf der sechs Päpste, die er erlebte, steckt Dante in die Hölle. Der Schlimmste ist für ihn Bonifaz VIII. (1294-1303), den er für die blutigen Bruderkriege in Florenz verantwortlich macht.

Doch aus den Tiefen der Hölle führt die "Komödie" ins höchste himmlische Licht, und die Amtskirche scheint sich längst mit dem Florentiner Kirchenkritiker versöhnt zu haben. Papst Franziskus nannte den Jubilar einen "Propheten der Hoffnung". In Anspielung auf die berühmten ersten Verse der "Commedia" ("Mittwegs auf unsres Lebens Reise fand/In finstren Waldes Nacht ich mich verschlagen") schrieb er, Dantes Erfahrung könne helfen, "die vielen noch auf unserer Erde verstreuten finsteren Wälder zu durchqueren."