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Literatur 80 Jahre, 30 Bücher

Siegfried Maaß wird am 6. Oktober 80 Jahre alt. Zum Geburtstag beschenkt der Hecklinger sich selbst: Sein 30. Buch ist fertig geworden.

Von Grit Warnat 05.10.2016, 01:01

Hecklingen l Die Buchpremiere in der Staßfurter Bibliothek fand schon statt, die erste Lesung anlässlich der Landesliteraturtage auch. Lesungen kurz vor dem 80. Geburtstag sind für Siegfried Maaß kein Problem. Seine Frau fährt ihn, er liest. Schließlich will er sein Buch „Das Glashaus“ zu den Zuhörern bringen, an junge Zuhörer.

Mit dem „Glashaus“ beendet Maaß seine Kinderbuchtrilogie. Erst im vergangenen Jahr kam Teil 1 heraus, „Mäxchen und Pauline“, eigentlich eine abgeschlossene Geschichte um zwei zehnjährige Kinder. „Als das Buch fertig war, wusste ich, ich habe noch so viel zu erzählen“, sagt der Noch-79-Jährige. Er setzte das Leben der beiden fort. Das zweite Buch „Flaschendrehen“ erschien im Frühjahr. Jetzt also der Abschluss der Trilogie. Pauline und Mäxchen sind mittlerweile 14.

Wenn Maaß über seine beiden Protagonisten erzählt, dann geht es viel um Pauline, die impulsive, die so gern Fußball spielt, an die Landessportschule will, es schafft, sich in die Landesauswahl zu kicken.

Es geht nicht alles glatt im Leben des sportbegeisterten Mädchens und des Jungen, der Angst vor Mathe hat, Nachhilfe bekommt und nachts vom Mathemonster träumt.

„Ich mag Kinderbücher nicht, in denen alles nur gut ist. So ist nicht unser Leben, auch Kinder haben Probleme“, sagt Maaß. Und so geht es in seiner Trilogie um Freundschaften, die auf der Kippe stehen, um Ehrgeiz, um Neid auf Erfolg, um Ängste, Sorgen und Freude, um Eltern und ihre Kinder.

„So lange wie ich schreibe, habe ich immer die Konflikte zwischen den Generationen aufgegriffen“, sagt er. „Das ist das große Thema, das mich bewegt.“

Autobiografisches zieht sich durch seine Texte, das eigene Erleben ist seit jeher sein Ideengeber. Und wenn sich der Autor auf fremdes Terrain wagt, wie mit dem Zwillingsthema im Roman „Federschnee“, wird lange recherchiert.

„Das Glashaus“ ist das 30. Buch des Schriftstellers. Vor allem ist die Liste seiner Kinderbücher beachtlich. Auch mit fast 80 wird er nicht müde, für Kinder zu schreiben, auch nicht, ihnen von seinen Geschichten zu erzählen. Allein mit „Mäxchen und Pauline“ war er wohl an die 20 Mal in dritten und vierten Klassen zu Besuch. Kommt es an, was ein sieben Jahrzehnte älterer Mann schreibt? „Ich habe immer aufmerksame Zuhörer“, sagt der Autor.

„Es wäre vermessen zu sagen, ich kann mich in Kinder reindenken oder reinfühlen, aber ich glaube, ich kann vieles verstehen“, sagt er, der nach wie vor in Schulen geht, liest, Gespräche sucht. Kontakte zu Schülern sind ihm bis heute wichtig.

Maaß, gebürtiger Magdeburger und gelernter Vermessungstechniker, dessen schriftstellerischer Weg am Leipziger Literaturinstitut begann, hat anfangs Jugendbücher geschrieben, die zu DDR-Zeiten schon mal eine 100  000er Auflage erreichten. Davon ist er seit Jahren weit entfernt. Die Wende war ein Schnitt, auch in der Struktur der Literaturlandschaft. Siegfried Maaß baute mit auf. Bödecker-Kreis. Leseförderprojekte. Poetenbewegung. Er hat gern sein Wissen weitergegeben. Heute hat er keine Schreibwerkstätten mehr, aber Erinnerungen an einstige „Schüler“. Renate Sattler zum Beispiel und Birgit Herkula. Sie arbeiten längst als freie Schriftsteller.

Gern erinnert er sich an 2003/2004, als er erster Schulschreiber Sachsen-Anhalts war. Wenn auch ein inoffizieller Titel, ist Maaß stolz auf das eine Jahr an der Schule Am Elbdamm, als ein Schulschreiber-Tagebuch entstand, angereichert mit Texten von Schülern, die Maaß liebevoll persönliche Erlebniswelten nennt. „Ich wollte nie, dass Kinder nur schön formulieren. Sie sollten sich auch freischreiben, ihre Ideen und Vorstellungen vom eigenen Leben in Worte fassen können.“

Dieses In-Worte-Fassen ist für Siegfried Maaß Lebensinhalt. Den agilen Rentner, dem man nicht abnehmen will, dass er doch schon 80 wird, lässt das Schreiben nicht los. Er habe Pläne, sagt er, verrät aber noch nichts. Zuvor im Gespräch hatte er wie nebenbei bemerkt: „Ich trage mich seit Jahren mit dem Gedanken, über meine Generation zu schreiben. Irgendwann komme ich noch dazu.“