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Reiseführer-Papst Frommer: Wir müssen weiter reisen!

In den USA kennt jedes Kind die Reiseführer von Arthur Frommer. Der Autor, zu Hause in vielen Ländern und sprachen, will sich nicht von Terroristen einschüchtern lassen. Auf dem neuen Frommer's ist trotzdem nicht der Eiffelturm, sondern ein Tor.

Von Interview: Chris Melzer, dpa 21.11.2015, 13:22

New York (dpa) - Arthur Frommer ist der Reiseführer-Papst der USA. Der 86-Jährige ist ein Europafan. Die Anschläge von Paris haben ihn tief erschüttert - aber nicht verschreckt. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erzählt er, warum man jetzt gerade reisen sollte:

Frage: Mr. Frommer, Paris ist das Lieblingsziel der Amerikaner im Ausland. Fürchten Sie, dass nach den terroristischen Angriffen jetzt die Menschen zu Hause bleiben?

Antwort: Ich hoffe sehr, dass das nicht der Fall ist. Das hieße, dass die Terroristen gewonnen hätten – und das kann niemand wollen. Wir sollten alle dem Beispiel der Pariser folgen, die gleich am nächsten Tag nach den Angriffen wieder in den Cafés saßen und spazieren gingen. Sie haben das Leben, das Paris bietet, genossen und das sollten wir auch. Wir müssen weiter reisen! Genau das bildet und erweitert die Weltsicht - also das, was die Terroristen nicht haben.

Frage: Frommer's ist auf Europa spezialisiert. Aber wirtschaftlich wird Asien immer wichtiger und die Zahl der asiatischen Touristen in den USA explodiert geradezu. Vermuten Sie, dass sich auch die amerikanischen Touristen mehr auf Asien konzentrieren?

Antwort: Nein, das glaube ich nicht. Europa war immer das wichtigste Ziel für die Amerikaner. Die meisten von uns stammen von Europäern ab, wir haben das gleiche Rechtssystem, den gleichen Lebensstil, wir lesen die gleiche Literatur – so vieles in Amerika ist mit Europa verbunden und so vieles in Europa mit Amerika. Noch immer reisen 20 Mal so viele Amerikaner nach Europa wie nach Asien. Das mag sich etwas verschieben, aber nicht grundsätzlich ändern.

Frage: Auf dem Titel ihres neuen großen Europa-Reiseführers ist nicht die Tower Bridge, nicht das Kolosseum und auch nicht der Eiffelturm. Sondern das Brandenburger Tor. Ist Berlin das neue Paris?

Antwort: Ich habe das Bild vom Brandenburger Tor persönlich ausgesucht, lange vor den Angriffen von Paris. Aber auch wenn Paris immer noch das Ziel Nummer eins für die Amerikaner ist, und sicher auch bleiben wird, ist Berlin gleich dahinter. Die drei wichtigsten Ziele für die Amerikaner in Europa sind Paris, Berlin und London. Und Rom kommt dann erst an vierter Stelle. Berlin ist heute so pulsierend, so lebendig. Als junger Soldat war ich in Berlin oft am Brandenburger Tor. Damals lag das in mitten einer Schuttwüste. Und jetzt denken Sie daran, wie es heute dort aussieht! Ist das nicht wunderbar?

ZUR PERSON: Arthur Frommer kam als Soldat nach Europa. Der vielsprachige Jude war in Berlin stationiert und bereiste weite Teile Europas. Seine Erfahrungen hielt er in einem Büchlein fest, das er selbst verlegte. Es war noch am selben Tag vergriffen. Daraus entstand ein Imperium von Reiseführern, allerdings mit klarer Spezialisierung auf Europa. Frommer's-Reiseführer haben einen eigenen Stil, wenig Bilder und viele Empfehlungen. In den USA ist Frommer's ein Synonym für Reiseführer.

Literatur:

Arthur Frommer's Europe, FrommerMedia, New York, 896 Seiten, ISBN-13: 978-1628872088