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Bundeskunsthalle versucht sich an Update des Bauhauses

Die Gründung des Bauhauses liegt mittlerweile fast 100 Jahre zurück. Wie sehr uns die nüchterne, zeitlose Eleganz der Kunstrichtung heute noch beeinflusst, zeigt eine Ausstellung in Bonn. Und auch ein wenig, warum Bauhaus selbst zur Marke geworden ist.

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa 31.03.2016, 14:30

Bonn (dpa) - Sie dürfen damit auch spielen, sagt ein Mitarbeiter der Bundeskunsthalle. Wenn das so einfach wäre. König, Dame, Turm, Springer... und dann? Wer nur gelegentlich Schach spielt, kann beim Bauhaus Schachspiel schon mal ins Stocken geraten.

Die Figuren sind so auf das Wesentliche reduziert, dass die Zuordnung mitunter schwerfällt. Als sie Josef Hartwig entwarf, war das Schach-Know-how wohl noch etwas weiter verbreitet als heute. Aber praktisch ist das Spiel, alles passt in eine kleine Pappschachtel.

Es sind kleine Kostbarkeiten wie diese, die die Ausstellung Das Bauhaus - Alles ist Design zu einer Reise in die Welt von nüchterner, sehr funktionaler, aber auch eleganter Gestaltung werden lassen. Von diesem Freitag an ist sie in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. In Zusammenarbeit mit dem Vitra Design Museum decken die Macher die ganze Palette der Bauhaus-Ästhetik ab: Alltagsgegenstände, Architektur, Fotografie. Ikonen wie die Bauhaus-Leuchte von Wilhelm Wagenfeld sind zu sehen, aber auch bislang Unbekanntes. Vieles stammt aus Privatsammlungen.

Die Ausstellung will die Ideen des Bauhauses aber auch mit zeitgenössischem Design verknüpfen. Neben den klassischen Stahlrohrstühlen stehen bunte Neukreationen. Und nicht weit von den Schach-Klötzchen entfernt sieht man digitale Klötzchen. Ein Film inszeniert die Pixel-Optik, die das Online-Spiel Minecraft populär gemacht hat. Die Spielfigur heißt W. Gropius.

Walter Gropius hatte das Bauhaus 1919 in Weimar gegründet. Formal war es eine Hochschule für Gestaltung, die 1933 auf Druck der Nationalsozialisten wieder schließen musste. Tatsächlich verstanden es die Gründer aber als Idee - von einer Werkstatt, in der Ornament und ideologischer Ballast abgeworfen werden. Grundsatz war die Einheit von Funktion und ästhetischer Form.

Bis heute strahlen Bauhaus-Bauten und Bauhaus-Alltagsgegenstände eine moderne Funktionalität aus. In Nordrhein-Westfalen etwa lässt sich diese Idee in Krefeld am Villenensemble Haus Lange und Haus Esters von Ludwig Mies van der Rohe sehen, der 1930 Bauhaus-Direktor wurde.

Die Ausstellungsmacher wissen zugleich, dass das Label Bauhaus heute ziemlich ausgefranst ist. Wir sahen diese Ausstellung auch als eine Möglichkeit, mit Klischees aufzuräumen, sagt Mateo Kries, Direktor des Vitra Design Museums, wo die Schau zuvor im kleineren Rahmen zu sehen war. Wenn man heute Bauhaus-Design irgendwo liest, dann ist da meistens nichts Gutes drin. Kaum sei etwas rechtwinklig, verchromt oder mit schwarzem Leder bezogen, werde es schnell als Bauhaus-Stil feilgeboten.

Kunsthistoriker beschreiben es ähnlich. Das Etikett "Bauhaus" wird heute zum Teil missbraucht. Es ist eine tolle Werbemaßnahme, sagt Carsten Ruhl von der Uni Frankfurt. Bauhaus-Stil sei dabei aber per se ein eher konstruierter Begriff. Das Paradoxe ist, dass das Bauhaus eigentlich gar nichts mit Stil zu tun haben wollte, sagt Ruhl. Stil sei aus Sicht der Bauhäusler eher ein Begriff der Kunsthistoriker gewesen - und damit ein künstlicher.

Dass das Bauhaus-Design bis heute nachwirkt, ist allerdings unbestritten. Nach meiner Beobachtung hat es in den vergangenen fünf bis zehn Jahren in vielen Bereichen eine Annäherung des Designs an die alten Tools des Bauhauses gegeben, meint Kunsthistoriker Robin Rehm von der Uni Regensburg. Das Bauhaus sei eine Art Werkzeugkasten, mit dem man heute wieder bewusst arbeite. Von Vorbild will Rehm allerdings nicht sprechen.

Was heute Bauhaus ist, ist wohl eher eine Idee, als ein festgezurrter, endgültiger Stil. Ausstellungs-Kuratorin Jolanthe Kugler sagt: Ich nehme an, wenn Gropius heute noch mal das Bauhaus-Gebäude in Dessau bauen würde, dann würde er es komplett anders bauen.

Ausstellung Das Bauhaus - Alles ist Design

Haus Lande und Haus Esters in Krefeld

Bauhaus Dessau

Bauhaus Archiv