Corona-Krise Land gewährt Künstlern Soforthilfe
300 Anträge liegen bereits vor. Der Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e. V. rechnet mit einer Antragsflut.
Magdeburg/Halle l Am vergangenen Freitag hatte das Ministerium für Kultur über das neue Hilfsangebot eine Pressemitteilung verschickt: Kurzfristige Unterstützung in Höhe von 400 Euro pro Monat und Person. Das Ganze ist bis zu zwei Monate gedacht und nicht rückzahlbar. Antragsberechtigt sind selbständige Künstlerinnen und Künstler, die in den Bereichen Musik, darstellende oder bildende Kunst ihre künstlerische Tätigkeit schaffen, ausüben oder lehren, sowie Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Es geht um erwerbsmäßige Ausübung.
Seit Montag kann die finanzielle Soforthilfe beantragt werden. Bis gestern Mittag lagen beim zuständigen Landesverwaltungsamt in Halle bereits 300 Anträge vor. Wer beantragt hauptsächlich? Eine Listung der Berufsgruppen wird nicht vorgenommen, heißt es aus der Pressestelle.
Etliche Anträge, da ist sich Ruth Heftrig, Geschäftsführerin des Berufsverbandes Bildender Künstler Sachsen-Anhalt, sicher, werden aus ihrem Bereich kommen. Viele Anfragen sind in diesen aufwühlenden Tagen in der Geschäftsstelle in Halle eingegangen. Sie weiß von mehreren Künstlern, die sogleich einen Antrag auf Soforthilfe gestellt haben. Viele weitere werden folgen, ist sie sich sicher. Sie prophezeit: „Eine Flut wird auf das Landesverwaltungsamt zukommen.“
Es geht um maximal 800 Euro pro Kopf. Der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in Sachsen-Anhalt begrüßt „ausdrücklich“ diese Soforthilfe: „Mit Freude und Anerkennung nimmt der Landesvorstand des VS zur Kenntnis, dass von der Politik wie nie zuvor die Nöte von Selbständigen – endlich auch im Kulturbereich – wahrgenommen werden.“
Der Förderverein der Schriftsteller, in dem 48 Autorinnen und Autoren aus vielen Regionen Sachsen-Anhalts ihre literarische Heimat haben, begrüßt ebenso die Maßnahmen der Landesregierung als eine erste Hilfe. „Die gegenwärtige Situation ist besonders schwierig für die Autoren, deren Haupteinnahmequelle das Schreiben ist“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Ursula Günther. „Da unsicher ist, ob der jetzt angegebene Zeitraum der Ausnahmeregelungen ausreichend sein wird, um das Geschehen zu entspannen, werden die geplanten 400 Euro nicht ausreichen, um die Künstler vor finanziellen Problemen zu bewahren“, sagt sie weiter.
Der Magdeburger Schriftsteller Wolf Stein: „Wenn jetzt die gesamte Kreativwirtschaft wegbricht, Folgeaufträge fehlen, neue Kontakte nicht gebahnt werden können, ist es für alle – selbst wenn man vielseitig aufgestellt ist – ein noch nicht zu beziffernder Verlust.“
Sandra Heuchel, Geschäftsführerin des Friedrich-Bödecker-Kreises (FBK), benennt ein weiteres Problem: „Die Hauptarbeit des FBK liegt im Bereich Schulen und Bibliotheken. Für Schulprojekte liegen keine Zuwendungsbescheide vor, wenn diese kommen, ist trotzdem fraglich, ob die Schulen angesichts des nachzuholenden Lehrplans freie Valenzen für kulturelle Bildung haben.“ Zudem gebe es mit Autoren Verträge für Schulprojekte und Lesungen in Bibliotheken, die nicht erfüllt werden könnten. „Es ist eine sehr schwierige Situation, sowohl für freie Autoren als auch für den Bödecker-Kreis“, so Heuchel.
Die Corona-Krise trifft auch die freie Musikszene hart. Francesca Donato aus dem kleinen Pöthen bei Gommern ist Sängerin. Keinen einzigen Auftrag hat sie mehr. Donato ist eigentlich gut gebucht für Hochzeiten und Events aller Art. Im Mai, so sagt sie, fange die Hauptsaison an. „Alles ist weggebrochen.“ Kompletter Einnahmeverlust. Gestern hat sie den Antrag auf Soforthilfe gestellt. Sie nennt ihn eine erste wichtige Unterstützung. „Ich habe gehört, es soll unkompliziert und schnell gehen.“ Die Hoffnung ist groß.
„Schnell und unbürokratisch muss es gehen“, unterstreicht auch BBK-Geschäftsführerin Heftrig. „Wir sind froh, dass es eine erste Überbrückungshilfe gibt.“ Sie weiß bestens um die ohnehin angespannte finanzielle Lage bildender Künstler. Doch für Heftrig, so sagt sie im Volksstimme-Gespräch, sind hinsichtlich der Anstragstellung jede Menge Fragen offen. Unklar sei, nach welchen Kriterien entschieden werde, welche Unterlagen noch nachgereicht werden müssten, und wie man prüfen wolle, wer denn wirklich berechtigt sei.
Staats- und Kulturminister Rainer Robra (CDU) hatte unbürokratisch und unkompliziert die erste Soforthilfe zugesagt. „Des Weiteren werden wir bei der Abrechnung von geförderten, aber nicht realisierbaren Projekten äußerste Flexibilität zeigen“, sagte er.
Alles zum Antrag und zur Antragstellung erhalten in existenzielle Notlage geratene Künstler und Schriftsteller im Internet unter lvwa.sachsen-anhalt.de Dort wird auch das Verfahren erklärt.