Reformation Der PR-Manager von Martin Luther
Ohne Lucas Cranach könnten wir uns heute kaum ein Bild von Luther machen. Der Maler war einer der besten PR-Manager in Sachen Reformation.
Düsseldorf (dpa) l Jeder würde Martin Luther auf einem Bild erkennen. Das Porträt des Reformators hat sich tief im historischen Bewusstsein der Deutschen verankert. Zu verdanken ist das Lucas Cranach dem Älteren (1472 bis 1553). Niemand hat Luther (1483 bis 1546) zu dessen Lebzeiten so häufig porträtiert wie sein enger und geschäftstüchtiger Maler-Freund in Wittenberg. Massenweise verbreitete Cranachs äußerst effiziente Werkstatt Luther-Porträts im deutschen Sprachraum – und trug damit auch den Reformationsgedanken in die Welt.
„Cranach hat am Image Luthers gefeilt“, sagt Gunnar Heydenreich, Leiter des Forschungsprojekts „Cranach Digital Archive“. „Da lag sicherlich auch eine klare Medienstrategie hinter.“ Bedeutende Luther-Bilder Cranachs sind auch Teil einer Ausstellung von rund 230 Arbeiten zum Gesamtwerk von Lucas Cranach, die ab 8. April im Museum Kunstpalast in Düsseldorf zu sehen ist.
1517 soll Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die große Pforte der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen haben, schon wenige Jahre danach legte Cranach, Hofkünstler des sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise, los – und machte damit auch im Auftrag seines Herrn Politik. Die ersten Bildnisse, die Luther als Mönch mit Tonsur zeigen, entstanden um 1520 und waren Kupferstiche.
Zwei Fassungen gibt es von diesen frühen Porträts – für Daniel Görres, der zusammen mit Heydenreich die Düsseldorfer Cranach-Schau kuratiert, ist das ein Zeichen, dass schon früh am Image Luthers „aktiv gearbeitet“ wurde.
Denn in der zweiten Fassung sitzt der einfache Mönch Luther in einer Nische, was in der Bildsprache der Renaissance für eine geistige Erhöhung steht, und er wird mit der Bibel in der Hand dargestellt. Als der für vogelfrei erklärte Luther mit Hilfe des Kurfürsten auf der Wartburg als Junker Jörg Asyl findet, ist die Öffentlichkeit der Meinung, der Reformator wäre tot. Cranach trifft Luther bei dessen heimlichem Besuch in Wittenberg und zeichnet eine Porträtskizze von ihm, die zur Vorlage des bekannten Bildes von Luther mit Vollbart, markanten Gesichtszügen und entschlossenem Blick wird. „Er gibt Deutschland quasi den Reformator zurück“, sagt Görres.
Cranach malte später auch den wohlgenährten Professor Luther – mit Doppelkinn. Sollte Luther anfangs als Revolutionär dargestellt werden, so zeigen ihn die Bildnisse späterer Jahre als etablierten Gelehrten und Begründer einer inzwischen europaweiten Bewegung – Luther als Fels im religiösen Sturm. Sogar Luthers Totenbild fand Verbreitung – als Beweis dafür, dass er mit glatten Gesichtszügen sanft entschlafen war. „Man ging ja davon aus, dass, wenn er stirbt, die Teufel aus ihm herauskommen“, sagt Heydenreich. Tausende Luther-Porträts sollen aus Cranachs Werkstatt wie Flugblätter in die Welt geschickt worden sein.
Cranach nutzte dafür klassische Drucktechniken wie Holzschnitt und Kupferstich. Eigenhändig konnte er auch die unzähligen Gemälde gar nicht anfertigen, zumal er noch andere Aufgaben in Wittenberg hatte. Cranach war Ratsherr, Bürgermeister und betrieb einen Weinausschank.
Gemälde produzierte Cranach auch für den freien Markt. Je nach Wunsch konnte seine Werkstatt Luther in unterschiedlichen Formaten anbieten. Cranach habe zudem das Darstellungsmonopol auf die Luther-Bildnisse gehabt.
Dabei hätte auch Albrecht Dürer den Reformator gern einmal porträtiert. Dazu kam es nicht. Und wenn Luther doch einmal von anderen Malern gemalt wurde, dann in fast allen Fällen nach einem Bild Cranachs.