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Gewandhausdirektor Andreas Schulz: "Die Musikwelt nimmt unser Mahler-Festival sehr aufmerksam wahr"

16.05.2011, 04:37

Am 17. Mai beginnt in Leipzig das internationale Mahler-Festival. Neben dem Gewandhausorchester spielen bis 29. Mai neun weitere Orchester, unter ihnen die New Yorker Philharmoniker und das London Symphony Orchestra die Werke Mahlers, der am 18. Mai 1911 in Wien starb. Die Nachrichtenagentur dapd sprach in Leipzig mit Gewandhausdirektor Andreas Schulz.

Frage: Mahler und Leipzig: Das gehörte bisher nicht zusammen. Warum richtet das Gewandhaus ein solch großes Festival aus?

Andreas Schulz: Mahler war in der Tat nur kurze Zeit in der Stadt, von August 1886 bis Mai 1888. Aber der Aufenthalt in Leipzig, wo er als Kapellmeister an der Oper gearbeitet hatte, war für ihn prägend: In dieser Stadt wurde Mahler, der sich zuvor einen Ruf als Dirigent erworben hatte, zum Sinfoniker und hier hat er auch gleich seine erste Sinfonie komponiert. Es ist einem oft nicht bewusst, wie wichtig diese zwei Jahre für Mahlers Karriere als Komponist waren, weil die Zeit in der Literatur bislang nur sehr oberflächlich behandelt wurde. Das von uns jetzt veröffentlichte neue Buch "Mahler in Leipzig" schließt mit vielen neuen Erkenntnissen diese Lücke. Aus unserer Sicht ist es natürlich schade, dass nie ein Werk Mahlers in Leipzig uraufgeführt worden ist. Die Musikwelt, die in puncto Mahler gespalten ist, nimmt unser Festival sehr aufmerksam wahr, das ist plötzlich überall auf der Welt Gesprächsthema.

Frage: Sie haben neun Orchester eingeladen. Wie aufwändig war die Planung?

Schulz: Die Idee eines Mahler-Festivals tragen wir schon lange mit uns herum. Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly gilt als einer der bekanntesten Mahler-Dirigenten, und er hatte bereits seit Beginn seiner Amtszeit in Leipzig im Jahr 2005 den Wunsch nach einem Mahler-Festival im Jahr 2011. Mit den ersten konkreten Planungen haben wir vor drei Jahren begonnen und die ersten Orchester angefragt.

"Die Planung muss minutiös sein"

Die New Yorker Philharmoniker haben ihren Auftritt in Leipzig in ihre Tournee integrieren können, alle anderen Orchester kommen extra wegen des Festivals zu uns. Die Planung für ein solch großes Festival muss minutiös sein. Das geht von der Logistik für bis zu 500 Mitwirkende, die gleichzeitig im Gewandhaus proben, über die vorübergehende Vergrößerung unserer Kantine bis hin zur Planung der Video-Livestreams aller Konzerte, der Hörfunk-Ausstrahlungen und der DVD-Produktion.

Frage: Sind die Konzerte bereits ausverkauft?

Schulz: Nicht alle. Wir liegen wenige Tage vor Beginn des Festivals bei einer Auslastung von etwas über 80 Prozent. Schnell ausverkauft waren die 8. Sinfonie mit dem Gewandhausorchester und die 9. Sinfonie mit den Wiener Philharmonikern. Aber auch mit dieser Auslastung rechnet sich das Festival für uns. Generell gingen die teuersten und die günstigsten Karten am besten weg. Den Verkauf der VIP-Tickets, die zum Besuch aller Konzerte berechtigen, mussten wir nach wenigen Tagen stoppen, weil das Kontingent ausgeschöpft war.

Frage: Wie wird Mahler außerhalb der Konzerte während des Festivals präsentiert?

Schulz: Wir stellen Mahler nicht nur mit seiner Musik vor, sondern bemühen uns, ein Gesamtbild seines Lebens und seiner Zeit darzustellen. Wir zeigen zum Beispiel zwei Mahler-Spielfilme im Kino, im Foyer des Gewandhauses wird die Foto-Ausstellung der "Mediathèque Musicale Mahler" zu sehen sein. Über Mahlers Zeit in Leipzig ist pünktlich zum Festival ein eigenes Buch erschienen, außerdem bieten wir Lesungen zu Leben und Werk Mahlers an. Und zu einem zweitägigen Kongress in Kooperation mit dem Simon-Dubnow-Institut der Uni Leipzig versammeln wir die Spitze der internationalen Mahler-Forschung in Leipzig.

Frage: Wenn das Mahler-Festival beendet ist – haben Sie schon Pläne für nächste Großveranstaltungen?

Schulz: Jedes Jahr werden wir ein solches Festival nicht stemmen können. Aber wir könnten uns für 2014, zum 150. Geburtstag des Komponisten, ein Richard-Strauss-Festival im Gewandhaus vorstellen.