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Lacher und Applaus für Kurt Krömer und seinen Auftritt "Der nackte Wahnsinn" im AMO Eine Show jenseits aller Korrektheit

Von Claudia Klupsch 24.10.2011, 04:29

Als letztes Bild blinkt der blanke Hintern. Was für ein Abgang! Komiker Kurt Krömer hat es wieder einmal vollbracht. Der Saal johlt, klatscht, pfeift begeistert. Seine neue Show "Der nackte Wahnsinn" war ganz nach dem Geschmack des Publikums.

Magdeburg l Man, ist der Mann unverschämt! Aber witzig! So könnte man es zusammenfassend definieren. Kurt Krömer im schlecht sitzenden karierten Sakko und mit Brille im Retro-Look ist eine Figur zum Piepen. Er schimpft und beschimpft, prollt und tollt, beleidigt und behelligt, benimmt sich voll daneben und - erntet Lacher und Applaus am Sonnabend im ausverkauften Magdeburger AMO!

Kurt Krömer heißt bürgerlich Alexander Bojcan, stammt aus Berlin ("ein Vorort von Polen" - O-Ton Krömer), war im Fernsehen mit diversen Shows erfolgreich und räumte bereits den Grimme-Preis ab. Nach einer mehrmonatigen Erschöpfungsphase ist er nun auf die Bühne zurückgekehrt. Und wie!

Mit Kladde sitzt Krömer an einem Tisch mit Leselampe. Mehr braucht es auf der Bühne nicht. Er macht sich Notizen, welche Gags gut ankommen, welche beim nächsten Mal rausfliegen. Seite für Seite legt er beiseite - "erledigt!". Scheinbar arbeitet er ein Konzept ab, und doch entsteht der Eindruck, dass spontane Eingebungen dominieren - die Krömersche Kunst.

Der Komiker beklagt, dass ihm die Themen ausgehen, um dann über Westerwelle und Rösler zu lästern oder ausgerechnet über politische Korrektheit zu sinnieren (aus Adipösen werden "Leute mit starken Knochen", aus Negerküssen "Roberto-Blanco-Schmatzer").

Immer wieder das Spiel mit dem Publikum

Immer wieder spielt Krömer seine große Stärken aus - den intensiven Draht zum Publikum und seine Wahnsinns-Spontanität. "Bistee bescheuert?", ist der Satz des Abends. Etwa, wenn ihn Zwischenrufe aus dem Publikum dazu reizen. Darauf anspielend, dass er gar nicht fein ständig den Rotz in der Nase hochzieht, fragt es aus den Zuschauerreihen: Brauchst du ein Taschentuch? Prompt der Krömersche Ausbruch, laut und wütend: "Brauchste nen Spaten am Hals? Vielleicht bin ick erkältet!" An Schnoddrigkeit kaum zu überbieten. Aber witzig! Ein anderes Mal wandelt er durch die Zuschauerreihen. "Du machst Fotos von mir?", fragt er drohend. "Kennste Prinz August? Ich bin sein Imageberater!"

Sein Spiel mit dem Publikum ist überaus gekonnt. Besonders gern holt er sich junge Damen auf die Bühne, rückt ihnen auf die Pelle, beschlabbert sie, will sie sich zu Groupies machen. An Dreistigkeit kaum zu überbieten! Aber witzig!

Der dauernde Dialog mit dem Publikum ("nee, hört mal jetzt uff mit Klatschen ...") macht die Show vergnüglich und lebhaft. Stimme, Lautstärke und Tempi variieren. Gag auf Gag prasselt auf die Zuschauer ein - oft prollig und jenseits aller Korrektheit. Die sich durch die Show ziehende Beschimpfung eines hinter der Bühne imaginären, nicht mit Schönheit gesegneten Mitarbeiters ist durchaus grenzwertig. Ja, der Krömer kann ein ganz Fieser sein, aber er ist vor allem Witzbold, ein Clown, ein Alleinunterhalter origineller Güte.

Originell auch der Abgang. Bei jedem Erscheinen hat der Komiker sich eines Kleidungsstücks entledigt. Unter rhythmischem Klatschen erwartet das Publikum das letzte Bild nach dem Auftritt in Unterhose. Er erscheint. In schneeweißem Bademantel! Von Udo Jürgens geklaut. Er dreht sich um, streift den Mantel ab, gibt den Blick auf den blanken Hintern frei und entschwindet hinterm Vorhang. Der nackte Wahnsinn!