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Kulturstiftung DessauWörlitz zeigt Ausstellung zu Lisiewsky im Schloss Mosigkau Einer der ersten Bildnismaler seiner Zeit wird wiederentdeckt

01.09.2010, 04:16

Die Ausstellung "Teure Köpfe. Lisiewsky. Hofmaler in Anhalt und Mecklenburg" im Dessauer Schloss Mosigkau ist ein Beitrag zum Themenjahr "Menschenbilder" der Landesinitiative Sachsen-Anhalt und das 18. Jahrhundert. Sie entdeckt "einen der besten deutschen Porträtmaler seiner Zeit" neu.

Von Helmut Rohm

Dessau-Roßlau. "In angemessen würdigender Breite", so die beiden Kuratoren Helmut Börsch-Supan und Wolfgang Savelsberg, solle Christoph Friedrich Reinhold Lisiewsky (1725-1794) dargestellt werden. Die Gemeinschaftsausstellung der Kulturstiftung DessauWörlitz und des Staatlichen Museums Schwerin widmet sich damit einem der bedeutendsten deutschen Bildnismaler aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Johann Gottfried Schadow würdigte 1816 ein verschollenes Reiterbild Lisiewskys als "Resultat unermeßlichen Fleißes und Triumph der Prosa in der Malerei". Friedrich Nicolai reiht Lisiewsky 1786 unter "die ersten Bildnismaler des Jahrhunderts" ein.

Lisiewsky geriet trotz seiner hohen malerischen Qualität völlig zu Unrecht in Vergessenheit. Noch nie ist der Künstler mit polnischer Herkunft in einer Einzelausstellung oder in einer Monografie gewürdigt worden. Lisiewsky war von 1752-1772 im Fürstentum Anhalt-Dessau und von 1779 bis zu seinem Tod in Ludwigslust für die Mecklenburg-Schweriner Herzöge als Hofmaler beschäftigt. Vor Dessau war er unter anderem auch in Leipzig und Dresden tätig.

Anstoß der aktuellen Ausstellung im Schloss Mosigkau war der Erwerb eines Lisiewsky-Bildes durch die Kulturstiftung DessauWörlitz im Jahr 2003, dem zwischenzeitlich weitere folgten. Dem Team um Helmut Börsch-Supan und Wolfgang Savelsberg ist mit dieser etwa 100 Exponate umfassenden Ausstellung und einem inhaltsreichen wie ebenso grafisch sehr ansprechenden Katalog eine bedeutende Wertschätzung von Christoph Friedrich Reinhold Lisiewsky gelungen.

Der Betrachter der Werke taucht ein in die Faszination der Darstellung Lisiewskys, der entgegen des bis dato gepflegten französischen Stils des idealisierenden Repräsentationsbildnisses die menschliche Individualität ins künstlerische Zentrum stellt. Damit folgte der Künstler niederländischen Traditionen des 17. Jahrhunderts.

Der porträtierte Mensch – ob Mitglieder der Herrscherhäuser, reiche Patrizier, Verwandte oder auch Selbstbildnisse – erscheint leibhaftig, weg vom Theatralischen, hin zur fast greifbaren Plastizität der Physiognomie. Extreme Raumkraft sowie detailtreue, ideenreiche und symbolträchtige Bildkompositionen strahlen voller praller Aussagekraft.

Die Ausstellung zeigt unter anderen Werke von Johann Kupezky, Antoine Pesne und Johann Friedrich August Tischbein – Zeitgenossen Lisiewskys. Die Exposition in mehreren Räumen des Schlosses Mosigkau macht den Besucher auch mit der Malerfamilie Lisiewsky bekannt, die über drei Generationen ebenso bildnerisch wirkte: Vater Georg, die beiden Schwestern Barbara Rosina Matthieu und Anna Dorothea Therbusch sowie die Tochter des Künstlers, Julia, und sein Neffe Georg David Matthieu.

Gesamte Dessauer Adelsfamilie

Gut 60 Bilder von Lisiewsky selbst präsentieren dessen Schaffensbreite, wenn auch, wie Helmut Börsch-Supan verwies, "eine ganze Reihe weiterer Hauptwerke verschollen sind". Unter den ausgestellten Bildern ist die gesamte Dessauer Adelsfamilie zu sehen, auch das Bildnis von Friedrich Heinrich Eugen von Anhalt-Dessau (undatiert, um 1770/1772), das bis ins 19. Jahrhundert als das bedeutendste Werk Lisiewskys galt.

Sehr beeindruckend sind ebenso die sogenannten Kerzenbilder, unter anderem ein Selbstbildnis (um 1760). Das "Selbstbildnis mit dem Porträt seiner Tochter Friederike Juliane Lisiewska" (undatiert, um 1790) wird von Kunsthistorikern als eines der letzten Selbstbildnisse angesehen.

Die Ausstellung in Dessau wird bis zum 31. Oktober gezeigt. Im Staatlichen Museum Schwerin ist sie vom 10. Dezember bis 6. März 2011 zu sehen.