1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Wenn die Haselnüsse in Magdeburg fallen

Getec-Arena Wenn die Haselnüsse in Magdeburg fallen

"Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" wird in Magdeburg gezeigt - begleitet vom Babelsberger Filmorchester. Das Filmkonzert leitet Helmut Imig.

Von Grit Warnat 15.12.2017, 00:01

Herr Imig, der TV-Klassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ist im Weihnachtsprogramm wieder mehrfach gesetzt. Schauen Sie sich den Film noch an?
Helmut Imig:
Ich habe eine kleine Enkelin, und wenn sie etwas größer ist, werde ich den Film natürlich mit ihr ansehen. Ich kenne ihn ja sehr genau, habe „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ schon oft dirigiert.

Was ist beim Filmkonzert anders als im Fernsehen?
Wir holen die Musik aus dem Film heraus. Wenn man vor dem Fernseher sitzt oder einen Film im Kino schaut, hört man viele Feinheiten der Musik überhaupt nicht. Die Dialoge haben die Oberhand, die Musik wird in den Hintergrund gedrängt. Im Filmkonzert nimmt man die Musik anders wahr.

Wie läuft ein Filmkonzert technisch ab? Es gibt zwar die Sprache, aber keine Musik.
Ganz einfach: In der Datei ist die Musik rausgerechnet.

Sie müssen sehr auf Synchronität achten.
Ich bekomme einen Klick ins Ohr, damit ich synchron mit dem Film bin. Das ist recht leicht zu handhaben. Da ich „Aschenbrödel“ aber so gut kenne, habe ich mich entschieden, auf dieser Tournee ohne Knopf im Ohr zu arbeiten. Das ist eine neue Herausforderung für mich.

Sie müssen nicht nur den richtigen Start wählen, sondern auch im Einklang mit der Handlung bleiben. Haben Sie zumindest einen Fernseher am Pult?
Meistens habe ich einen kleinen Monitor neben mir. Start und Tempi sind wichtig, aber beides habe ich mittlerweile inhaliert. Ohne Knopf im Ohr habe ich ein bisschen mehr Freiheit. Das macht mir viel Spaß.

Freiheit heißt was?
Wenn die Haselnüsse fallen und Wünsche erfüllt werden, dann mache ich manches aus dem Bauch heraus. Wer großer Fan ist und genau hinhört, merkt die Änderungen vielleicht.

Sie haben eine sehr lange Opernerfahrung als Dirigent. Was hat sie bewogen, sich auf Filmkonzerte zu spezialisieren?
Man hatte ja deswegen bei mir angefragt, weil ich diese Opernerfahrung habe. Man meinte, wer Oper dirigiert, kann auch Stummfilm machen. Ich stieg zur Renaissance der Stummfilme ein und mache sie bis heute. Regelmäßig arbeite ich mit den Dresdner Philharmonikern zusammen, demnächst für den „Panzerkreuzer Potemkin“.

Ist es einfacher, einen Stummfilm zu untermalen?
Nein. Wenn man einen Stummfilm musikalisch gut begleiten will, finde ich das schwieriger. Stummfilm ist eine andere Herausforderung, auch, weil das Orchester die ganze Zeit spielt.

Apropos Orchester. Für „Aschenbrödel“ sind Sie mit verschiedenen Ensembles auf Tournee. In Magdeburg dirigieren Sie das Babelsberger Filmorchester. Die Musiker sind auf Filmproduktionen spezialisiert. Ist das ein Vorteil?
Ja schon. Aber ich arbeite mit Orchestern zusammen, die ich alle gut kenne und die an meine Arbeit gewöhnt sind wie das Filmorchester, die Dresdner Philharmoniker oder das Pilsen Philharmonic Orchestra.

Der Komponist Karel Svoboda ist mit „Aschenbrödel“ bekannt geworden, er hat aber zahlreiche Filmmusiken wie Wickie, Biene Maja, Nils Holgersson geschrieben. Was zeichnet seine Musik aus?
Er hatte eine besondere Begabung, Atmosphäre zu erfassen und nicht auf jeden Schnitt einzugehen. Wenn beispielsweise Aschenbrödel durch die Landschaft reitet, ist die Kamera mal nah, mal weit weg. Svobodas Musik zappelt nicht mit. Sie spielt darüber hinweg, hat eine gewisse Großzügigkeit.

Sie gehen in die großen Hallen: Alte Oper Frankfurt, Essener Philharmonie, Getec-Arena in Magdeburg. Sind Filmkonzerte so gefragt?
Sie sind sehr im Trend. Seit drei, vier Jahren dirigiere ich immer wieder die großen Disney-Filme wie die Teile von „Fluch der Karibik“. Man kennt längst die Filme und kommt dann zu uns, um sie anders zu erleben. Die „Aschenbrödel“-Tournee ist in vielen Städten schon ausverkauft. In Frankfurt waren die Karten so gefragt, dass ich dort zusätzlich ein Konzert im März dirigiere. Der Film und seine Musik sind auch lange nach Weihnachten gut.

Was sind Ihre nächsten Pläne?
„Star Wars“. Die Noten habe ich noch nicht, aber ich freue mich sehr drauf.

"Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" mit dem Filmorchester Babelsberg ist am 30. Dezember, 20 Uhr, in der Magdeburger Getec-Arena zu erleben. Karten gibt es bei biber-ticket.