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Theaterintendanten befürchten, dass Tariferhöhungen das kulturelle Angebot beeinträchtigen Irritationen, Befremden, ein offener Brief

Von Grit Warnat 07.11.2012, 02:13

Fünf Theaterintendanten aus Sachsen-Anhalt haben sich in einem Offenen Brief an die Mitglieder des Kulturkonvents gewandt. Auslöser ist ein Volksstimme-Interview mit dem Moderator des Kulturkonvents, Olaf Zimmermann.

Magdeburg l Es stehen keine Forderungen in dem Offenen Brief. Geäußert wird vielmehr die Sorge, "wie künftig weitere Tariferhöhungen an den Theatern bewältigt werden (die im Übrigen von Ländern, Kommunen und Gewerkschaften beschlossen werden), ohne dass es zu einem Angebotsabbau kommt". Nicht zu verstehen sei, heißt es weiter, dass der Theaterbereich auf einen rein fiskalischen Aspekt reduziert werde, ohne einen Hinweis darauf zu geben, welche Verantwortung die Theater übernehmen würden. Leistungen der Theater sind aufgelistet.

Unterschrieben wurde der Brief von fünf Intendanten: Susanne Schulz (Theater Naumburg), Ulrich Fischer (Landestheater Sachen-Anhalt Lutherstadt Eisleben), Alexander Netschajew (Theater der Altmark Stendal), Michael Kempchen (Puppentheater Magdeburg) und Johannes Rieger (Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt). Die Intendanten der drei großen Häuser in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau fehlen.

Olaf Zimmermann, der im Oktober 2011 auf Bitten von Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) die Moderation des 36-köpfigen Konvents übernommen hatte, sagte im Volksstimme-Interview am 23. Oktober, dass die Theater 42 Prozent der gesamten Kulturförderung des Landes erhalten. "Das ist eine Menge Geld. Da muss die Frage zulässig sein, wie es um das Verhältnis der verschiedenen Kulturbereiche untereinander steht." Er sprach eine größere Zusammenarbeit an, auch mehr Solidarität, der vom Theaterbereich gezeigt werden müsse.

Rolf Stiska, der Geschäftsführer der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle, machte sich in einem Offenen Brief an Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) Luft und griff Zimmermann scharf an. Sein Schreiben endete: "Was wir brauchen ist ein Brückenschlag, nur glaube ich nicht daran, dass der Herr Zimmermann der geeignete Baumeister ist."

In anderen Theaterhäusern fielen Worte wie Befremden und Irritation. Intendanten telefonierten sich zusammen - im Hinterkopf schwelt die Ungewissheit über die zukünftige finanzielle Ausstattung der Häuser.

Die sollte ursprünglich bereits zu diesem Zeitpunkt schriftlich fixiert sein, weil Ende des Jahres die Theater- und Orchesterverträge mit dem Land auslaufen. Das Land entschied sich zu einer einjährigen Verlängerung zu den bisherigen Konditionen - das Kultusministerium will die Empfehlungen des Konvents abwarten.

Konvent will im Februar Empfehlungen vorlegen

Das bringt den Häusern zwar ein weiteres Jahr finanzielle Sicherheit, aber auch weitere Defizite. Die Tarifsteigerungen schlagen zu Buche, die allein von den kommunalen Trägern gestemmt werden müssen.

Der Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen wird die kommunalen Theater und Orchester in diesem Jahr zirka 56 Millionen Euro, ab 2013 jährlich etwa 100 Millionen Euro kosten, hatte der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, die anstehenden Lohnerhöhungen im April nach den Verhandlungen hochgerechnet. Auch das Theater Magdeburg hatte im April gerechnet und kam allein in diesem Jahr auf Mehrausgaben in Höhe von 500000 Euro, 2013 sogar auf eine Million Euro. Defizite, die an den Kommunen hängenbleiben.

Ohne Anpassung werden die Angebote des Hauses nicht zu halten sein, sagt Karen Stone, Generalintendantin des Theaters Magdeburg. Sie hat den Brief nicht unterschrieben, aber sie stehe uneingeschränkt hinter dem Inhalt. Bei der Sitzung des Landesverbandes Ost des Bühnenvereins am 16. November wollen sie und ihre Kollegen aus Halle und Dessau ihre Sicht darstellen. Man habe sich bereits mehrfach eingebracht in den Konvent. Das nächste Mal tagt er am 22. November - nicht öffentlich.

Der Konvent, eingerichtet nach einem einstimmigen Beschluss des Landtages, will im Februar seine Empfehlungen dem Landtag vorlegen. Wie konkret das ausfallen wird, weiß niemand. Zimmermann hat angekündigt, dass der Konvent eine "große Linie beschreiben muss". Werden die Mitglieder festlegen, welches Haus mit welchem Haus fusionieren könnte, welches Theater auf Sparten verzichten sollte? Wohl kaum.

Den Theatern stehen 2013 die Verhandlungen über ihre Verträge bevor. So bleibt bis weit ins nächste Jahr die überaus spannende Frage, wie es weitergehen wird.