Zwei Künstler stellen in der Magdeburger Galerie "Himmelreich" aus Keramiken und Grafiken gehen eine Symbiose ein
Der Kontrast funktioniert. Archaisch anmutende Keramiken gehen eine regelrechte Symbiose mit manchmal fast plakativ wirkenden Grafiken ein. Trotz üppiger Fülle – oder gerade wegen ihr – wirkt die aktuelle Präsentation in der Magdeburger Galerie "Himmelreich" wie aus einem Guss. Die Arbeiten aus Ton von Hans-Joachim Schirrmeister und die grafischen Blätter von Erik Seidel sind bis zum 17. September zu sehen.
Von Klaus-Peter Voigt
Magdeburg. Die Künstler gingen ähnliche und doch unterschiedliche Wege. Schirrmeister, 1944 in Westpreußen geboren und 1992 in Stendal gestorben, absolvierte eine Töpferlehre in Bürgel und studierte an der halleschen Burg Giebichenstein unter anderem bei Gertraud Möhwald. Nach seiner Tätigkeit als Designer im Porzellanwerk "Graf Henneberg" in Ilmenau galt Ende der 1970er Jahre seine Suche anderen, unkonventionellen eigenen Ausdrucksformen.
Für Erik Seidel war das einmal Erlernte der Auslöser für die Beschäftigung mit andere Genres. Geboren 1967 in Rodewisch stand erst einmal das Studium der Sonderschulpädagogik/Kunsterziehung in der Lebensplanung. Zwei Jahre Ausbildung an der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden und eine Lehre zum Steinbildhauer folgten. Diese Vielfalt im eigenen Herangehen und in den künstlerischen Ausdrucksmitteln gibt Seidel als Lehrer im Fach Kunst an verschiedenen Schulen weiter, er hat eine Dozentur an der Oxforder Summer School im Fachbereich Holzschnitt.
Die Objekte von Hans-Joachim Schirrmeister unterliegen keinem vordergründigen Modetrend. Nach seiner vom "Zwang" zur industriellen Form geprägten Designertätigkeit sucht er sich neu zu finden. Experimente, die Suche nach Ursprünglichem prägen ihn. Mit dem eher groben Ton, der teilweise mit anderen Materialien vermengt wird, und Glasuren in erdgebundenen Farben wirken die Plastiken und Gebrauchsstücke fast warm. Da sind keine akribisch glatten Oberflächen, die Natürlichkeit des Materials behält die Vorderhand, Risse und Strukturen sind zu sehen und zu spüren. Zudem gelingt Schirrmeister ein Farbenwechsel, der in sich die Authentizität der Arbeiten betont.
Das freie Gestalten gehört zum Konzept, nichts wirkt ebenmäßig, sondern jedes einzelne Stück wird da zum echten Unikat, getragen von Stimmungen, der Suche nach Veränderung. Das ursprünglich erlernte Handwerk wird in gewisser Weise auf den Kopf gestellt. Da macht sich jemand von scheinbar erlernten und wohl so empfundenen Zwängen frei. Das Studium auf der Burg hat ihn fraglos dazu angeregt, ließ den Blick frei für Kunst und eigene Kreativität abseits eingefahrener Gleise, die immer auch ein wenig die Meinungen spaltet.
Außergewöhnliche Sichten
Eine Generation liegt zwischen Seidel und Schirrmeister. Der eine blieb seiner einmal gewählten Richtung treu, arbeitete an seiner Sicht der Dinge. Dagegen versteht sich der andere als Mittler und Gestalter gleichermaßen.
Bei Erik Seidel prägt der Holzschnitt. Diese Ausdrucksform reizt er aus, möchte mit klaren, oft spannungsgeladenen Formen Motive umsetzen. Die Blätter zeigen sich nicht allein im eindeutigen Wechselspiel von Farbflächen und dem eigentlichen "Blickfang". Architektur, Industrieanlagen oder Stromleitungen erhalten durch die fast schattenartige Abbildung eine ganz besondere Spannung. Es sind keine vordergründig aufs Detail bedachte Wiedergaben.
Seidel konzentriert sich, sucht mit dem Umriss des Gesehenen und eher außergewöhnlichen Sichten den Betrachter anzuziehen. Das gelingt ihm trotz teilweise expressiver Farbigkeit sehr gut. Man ist bemüht, den Zusammenhang auszumachen, sich in die kontrastreiche flächenhafte Welt einzufinden, Anfang und Ende zu entdecken. In anderen Holzschnitten bringt er mehrere Farbschichten aufeinander, lässt dann durch die freie Gestaltung und Kombination von Schriften und Formen ganz andere Blätter entstehen.
Die Galerie "Himmelreich", Breiter Weg 213 b, ist dienstags bis freitags von 12 bis 18 Uhr und sonnbends von 10 bis 13 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet, Telefon (0391) 5 43 01 14.