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KomödiePremiere am Schauspielhaus Magdeburg

Yasmina Rezas Komödie "Kunst" (UA 1994) feierte unter der Regie von David Schliesing im Magdeburger Schauspielhaus Premiere.

Von Gisela Begrich 15.10.2017, 23:01

Magdeburg l „Kunst ist Geschmackssache“, sagt man hierzulande. Genau diese Tatsache bildet den Ausgangspunkt für die französische Autorin Yasmina Reza in ihrer Komödie "Kunst". Hinter der Diskussion aber um ein reinweißes Bild mit weißen Streifen, dessen Kaufpreis 200.000 Francs betrug, lauern Abgründe und zerbricht eine Freundschaft.

Regisseur Schliesing und seine Ausstatterin Christiane Hercher siedeln optisch deutlich ablesbar das Geschehen nicht in der Sphäre einer Hauptstadt-Highsociety an, auf die das Stück ursprünglich zielt. (Wir leben hier schließlich nicht in Berlin oder München!) Sie zeigen ein leicht abgewracktes Milieu und gehen dabei bis ins Detail genau zu Werke: statt Blick ins Grüne Mauern, die Zimmerwände abgeschabt, billige Aschenbecher, ein klappriger Plattenspieler. Alkohol wird wahllos genossen, nicht nur Wein oder Hochprozentiges, auch Bier in Flaschen steht auf dem Programm. Auch die Kostüme erzählen: Kunstliebhaber Serge mit Hang zum Snobismus und Käufer des Bildes trägt Anzug mit Weste, die anderen beiden beliebige Straßenkleidung.

Diese Genauigkeit zeichnet den Theaterabend insgesamt aus. Für Schauspieler sind die Rollen des kunstversessenen Serge, des pragmatischen Marc und des harmoniesüchtigen Yvan, wie man so sagt, ein gefundenes Fressen. Für jeden Komödianten böte sich nun an, dem „Affen Zucker zu geben“. Aber da steht der Regisseur (und die Disziplin der Darsteller?) vor. Das Spiel rutscht niemals in die Klamotte ab. Der Spaß entsteht aus den witzigen, eleganten und pointierten Dialogen, den überraschenden Wendungen und den genauen Beobachtungen von Verhaltensweisen, in denen sich das Publikum amüsiert wiedererkennen kann. Da geht es um Partner und Pleiten, Mütter und Moral, Geld und Glück, und manchmal auch um Kunst. Die Aufführung bleibt in jeder Minute intelligent, unterhaltsam und charmant.

In der Auseinandersetzung um die Meinungshoheit in Sachen Kunst schenken sich Marc (Ralph Opferkuch) und Serge (Daniel Klausner) nichts. Dabei hat Klausner den undankbareren Part als beleidigter Kunstkenner, der gekränkt und aggressiv, mit wenig Humor reagiert. Opferkuch kann mit Schlagfertigkeit, Witz und zunehmendem Sarkasmus zum Vergnügen der Zuschauer agieren. Der Dritte im Bunde Lukas Paul Mundas als Yvan punktet mit Naivität und Treuherzigkeit als Vermittler. Für die minutenlange, urkomische Schilderung seiner Hochzeitsvorbereitungen erhält er sogar einen kleinen Szenenapplaus.

Die Französin Reza beherrscht das Einfache, das schwer zu machen ist. Mit ihrem Text einen heiteren Theaterabend zu zaubern, ist keine Kunst, sollte man meinen. Doch es erfordert viel schauspielerisches Handwerk, die Umschwünge der Haltungen, die Brüche innerhalb eines Satzes und die Pausen genau und präzise zu setzen. Die drei Akteure Daniel Klausner, Ralph Opferkuch, Lukas Paul Mundas beherrschen ihr Handwerk, und siehe da, es entsteht Kunst.

Die nächsten Vorstellungen sind am 22. Oktober, 4. und 18. November und am 8. Dezember jeweils 19.30 Uhr.