1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Komponisten im Zahnspangenalter

Junge Menschen feilen bei der Orchesterwerkstatt in Halberstadt an ihren Werken Komponisten im Zahnspangenalter

Von Elisa Sowieja 23.05.2013, 03:14

Sie sind gerade mal zwischen 12 und 26 Jahre alt und haben schon Musik für ein ganzes Orchester geschrieben: Die Rede ist von acht jungen Komponisten, die in Halberstadt bei einer Orchesterwerkstatt an ihren Stücken feilen. Zum Abschluss werden heute einige der Werke uraufgeführt.

Halberstadt l Konzentriert sitzt Jorma Marggraf in einem der roten Publikumssessel. Sein Blick wandert über die Partitur, auf der Bühne setzen die Streicher ein. Dann unterbricht das Orchester, der Dirigent dreht sich zu Jorma: "Ist das so ok?" Der junge Mann springt zum Antworten vom Sessel auf: "Vielleicht können Sie die Stelle ein bisschen schneller spielen, wenn das möglich ist." Der Dirigent nickt, dreht sich zurück. Das Orchester setzt neu ein.

Das Werk, das da gespielt wird, heißt "Wellenspiele" und stammt aus Jormas eigener Feder. Dabei ist er mit seinen 15 Jahren noch im Zahnspangenalter. Zusammen mit vier Profis aus der klassischen Musik verpasst er seinem Stück bei der Orchesterwerkstatt im Nordharzer Städtebundtheater den Feinschliff. Auf die Beine gestellt hat sie der Landesmu-sikrat, bereits zum 24. Mal.

"Solche Werkstatt ist die einzige Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, ihre Komposition auch ohne Studienabschluss von einem professionellen Orchester spielen zu lassen. Das gibt es sonst in Deutschland nur noch einmal", sagt Mitorganisatorin Katrin Brechmann. Wenn heute Vormittag die abschließenden Versionen der besten sechs Werke gespielt werden - dirigiert vom Intendanten des Theaters Johannes Rieger -, haben die Nachwuchskomponisten vier Tage mit Proben und Theorieseminaren hinter sich.

Zwei der acht jungen Komponisten kommen aus Sachsen-Anhalt, einer von ihnen ist Jorma. Die anderen sind quer aus Deutschland angereist. So auch Antonis Adamopoulos. Er lebt in Hamburg und ist mit seinen 26 Jahren der älteste Teilnehmer. Dafür hat er schon einen Abschluss in Musikwissenschaft in der Tasche; jetzt schreibt er seine Doktorarbeit.

Von der Werkstatt erfahren hat er von Intendant Rieger, als ein Stück von ihm in Rudolstadt aufgeführt wurde. Der junge Mann bewarb sich daraufhin mit der Partitur seines Erstlingswerks - es trägt den griechischen Fantasienamen "Klathreptisma" - und wurde prompt in den Harz eingeladen. Die Proben und Seminare gefallen ihm gut. "Die Dozenten haben sich sehr mit den Stücken beschäftigt. Das ist bei anderen Werkstätten nicht immer der Fall", erzählt er. Auch der Hallenser Jorma Marggraf ist angetan - vor allem von der Chance, die er erhält: "Das ist schon eine große Sache", sagt er. Wohl deshalb tritt er so sehr höflich, beinahe schüchtern auf, wenn er mit dem Dirigenten spricht. Dabei ist der 15-Jährige im Komponieren quasi schon ein alter Hase. Sein erstes Klavierstück hat er mit sieben geschrieben.

Zur Werkstatt gehört übrigens auch ein Wettbewerb um die beste Komposition. Nach den Uraufführungen gibt die Jury die drei Preisträger bekannt. Einer erhält den mit 500 Euro dotierten Andreas-Werckmeister-Preis der Stadt Halberstadt, einer den Preis der Deutschen Orchester-Stiftung - mit dem es ebenfalls 500 Euro gibt - und einer den "Impuls-Preis", vergeben vom Landesmusikrat. Zu Letzterem gehört eine Aufführung des Siegerstückes beim gleichnamigen Musikfestival. Wer weiß: Falls Joma gewinnt, schlägt er vielleicht mal den gleichen Berufsweg ein wie seine Landsleute Händel und Weill.