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Retrospektive des Hallensers Gerhard Schwarz Mit dem Pinsel gedacht

Am Donnerstag wird im Forum Gestaltung die Ausstellung "Stillleben mit
Zwingen" mit Werken von Gerhard Schwarz eröffnet. Sie ist die erste
Retrospektive eines Künstlers, der völlig zu Unrecht eine von der
Öffentlichkeit weitestgehend nicht wahrgenommene künstlerische Existenz
führt.

Von Jan Kubon 16.04.2015, 01:21

Magdeburg l Der 75. Geburtstag des Künstlers in diesem Jahr ist sicher nur der kalendarische Anlass für die Schau, denn auf der Wunschliste des Forums Gestaltung und seines Kurators Norbert Eisold stand Schwarz schon lange.

1940 in Halle geboren, studierte er nach einer Schlosserlehre zwischen 1960 und 1965 an der Hochschule, für Industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein, genau der Hochschule an der er auch von 1987 bis 2005 als Lehrer tätig war. "Er hat sich seiner Lehrtätigkeit ganz hingegeben und diese Hingabe nahm viel Kraft in Anspruch, auch weil er den Burggedanken der Gründlichkeit und der Dringlichkeit der Ausbildung viel Platz in seinem Leben einräumte", erklärt Eisold, warum das OEuvre des Künstlers, verglichen mit dem mancher Kollegen, aus quantitativer Sicht eher klein ist.

Handwerk und Denkangebote

Wenn Schwarz sich aber ans Schaffen macht, dann mit einer bildnerisch, gestalterischen Gründlichkeit und Präzision, die im mitteldeutschen Raum als singulär gelten darf. Schwarz` großformatige, in gedeckten Farben gehaltene Gemälde, zum Beispiel der Chemieanlagen aus den 1970er Jahren, sind viel mehr als nur handwerkliche Meisterschaft - sie sind Denkangebote an den Betrachter. "Natürlich sind das erst mal Arbeiten mit einem hohen gestalterischen Anspruch, Arbeiten, die wie Nachbetrachtungen des Bildgegenstandes sind, insistierende Beobachtungen", so Eisold.

Aber genau diese Herangehensweise bietet eben auch den nötigen Raum für den Versuch einer Deutung des Bildgegenstandes in einem zeitgeschichtlichen Kontext und sie bietet auch immer die Möglichkeit des Blickes auf die Verfasstheit der Gesellschaft, in der Schwarz wirkte und wirkt. Nur kommt Schwarz eben ganz ohne den Duktus des Proklamierens oder des Anklagens aus.

Das wird auch bei dem Bild "Schleuse II" aus der Wendezeit deutlich. Es zeigt erst mal "nur" eine Schleusensituation. Zu sehen ist ein Kanufahrer, der darauf wartet, dass sich die übermächtigen metallenen Schleusentore öffnen. Das Schleusentor als eine Parabel für das Eingeschlossensein -durchaus denkbar -, aber eben nicht als eine, die vordergründig präsentiert wird. Schwarz` Bilder sind wie geschichtete Bildgeschichten mit mehreren Deutungsebenen, die Deutungsfreiheit überlässt er jedoch ganz offen dem Betrachter.

Die Ausstellung mit Arbeiten aus 50 Jahren künstlerischen Schaffens, zieht, als Rundgang konzipiert, die Künstlerbiografie von Gerhard Schwarz präzise nach. Die ausgestellten Werke zeigen gut ein Drittel des gesamten Gemäldeschaffens des Künstlers, ergänzt von Aquarellen und Druckgrafiken. Dass diese Ausstellung so überhaupt zu sehen ist, ist das Verdienst des Kurators Norbert Eisold, er trug die Werke aus Museen, Depots und Privatsammlungen eigens für diese Retrospektive zusammen.

Leihgaben gab es unter anderem aus dem Museum der bildenden Künste in Leipzig, dem Kunstmuseum Moritzburg in Halle und aus der Kunstsammlung des Landes Sachsen-Anhalt.

Nach der Ausstellung "Schlagartige Veränderung" mit Arbeiten von Stefan Wewerka und der Doppelausstellung zur Geschichte der Kunstgewerbeschule Magdeburg präsentiert das Forum Gestaltung erneut eine Ausstellung in gewohnt hoher Qualität und etabliert sich immer mehr zu einem der wichtigen Vermittlungsorte für moderne und zeitgenössische Kunst aus Mitteldeutschland in der Landeshauptstadt.

Eröffnung "Stillleben mit Zwingen" am 16. April, 19.30 Uhr, Forum Gestaltung, Brandenburger Straße 10, Ausstellung bis 10. Juli, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 14 bis 18 Uhr und zu den Abendveranstaltungen