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Opernsänger Wolfgang Klose Dr. Scott geht in Rente

Opernsänger am Theater - das ist kein Job wie jeder andere, aber am Ende
eben doch nur ein Job. Wolfgang Klose ist jetzt Rentner und stellt sich
neuen Herausforderungen.

04.07.2015, 01:02

Magdeburg l Eine Tasse Kaffee steht vor Wolfgang Klose auf dem Tisch. Bewusst hat er sich ins Innere des Magdeburger Cafés gesetzt. Draußen ist es ihm einfach zu warm. "Aber ich finde das Wetter wahnsinnig toll, die Menschen sind viel gelassener", erzählt er.

Dass er momentan fast jeden Abend auf der Bühne am Domplatz steht - egal. "Ich freue mich auf jede Vorstellung", so der Opernsänger, der momentan in der Rocky Horror Show die Rolle des Dr. Scott übernimmt. Es sei ein echtes Erlebnis, dort vorm Dom zu spielen. "Der Platz ist so stimmungsvoll und hat eine unglaubliche Atmosphäre!"

Das Stück ist das letzte, das Klose in seiner aktiven Laufbahn als Opernsänger am Theater Magdeburg spielt. Mit 65 Jahren steht auch Schauspielern die Rente zu.

Freude auf neuen Lebensabschnitt

"Das ist für mich der Start in einen neuen Lebensabschnitt", sagt Wolfgang Klose. Die kleinen Dinge machen dabei für ihn den Unterschied. Einfach mal aufs Fahrrad steigen und 72 Kilometer an der Elbe entlang fahren zum Beispiel. Sport spielt eine entscheidende Rolle im Leben des Künstlers. "Ich quäle mich da auch gerne mal selbst, aber ich weiß ja, wofür ich das mache", sagt er. Auf der Bühne alt und dick werden - das war nie eine Option für den Sänger. Auch wenn das Haar schon etwas schütter geworden ist: Wolfgang Klose wirkt, als würde das Beste noch kommen.

38 Jahre lang war er am Magdeburger Theater, hat den Schauspielbetrieb zu DDR-Zeiten, aber auch nach der Wende miterlebt. Viel geändert habe sich dadurch nicht. "Das Theater ist einfach eine eigene Welt", erklärt Klose. Dadurch, dass der Betrieb heute wie damals ein Zuschussgeschäft des Staates ist. Sogar an den Stücken habe sich, was das klassische Repertoire angeht, nicht viel getan.

Aber: "Wir haben viel mehr Gäste aus aller Welt am Theater, das macht unglaublich viel Spaß." Englisch ist längst Arbeitssprache. Außerdem gäbe es heute viel mehr Musicals am Theater als früher.

Das sah früher noch anders aus. Beim Vorsingen am Gymnasium sollte er `Freude schöner Götterfunken` vorsingen. Erst in der Gruppe, dann alleine und dann ging es los. Die Hochschule für Musik in Leipzig nahm Klose direkt auf. Fünf Jahre studierte er dort. Eigentlich wollte der heute 65-Jährige Psychologe werden. "Aber ich habe keinen Studienplatz bekommen. Heute kann ich sagen, dass das mein Glück war."

Erst in Bernburg und seit 1977 in Magdeburg arbeitet er am Theater als Opernsänger. "Die Rolle des Papageno macht mir extrem viel Freude", sagt Klose über sein Engagement als Vogelfänger in `Die Zauberflöte`. Aber auch der Barbier von Sevilla und Higgins aus My fair Lady gehören zu den Lieblingsrollen des Magdeburgers.

Eine gute Vorbereitung hat dabei immer das Lampenfieber verhindert. Irritierend für die Kollegen in Bernburg: "Ich musste anfangs sogar kreislaufanregende Mittel nehmen, weil die anderen immer so gezittert haben", erzählt er. Bei der Erinnerung daran lacht Wolfgang Klose herzhaft.

Die Texte, die Bühne, der Auftritt - "Das ist ein Beruf wie jeder andere. Entweder man liebt oder man hasst ihn, aber er war für mich nie mein Leben, da war immer noch mehr", sagt der verheiratete Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern.

Mit der politischen Wende kam für Wolfgang Klose ein zweites Betätigungsfeld. Als Moderator beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) fand er eine "wunderbare Ergänzung, die durchaus Schnittpunkte mit dem Theater hat." Seine dortigen Kollegen verabschiedeten Klose bereits im Februar in den Ruhestand.

Passionierter Fensterputzer

Jetzt freut er sich vor allem darauf, mal ein Wochenende frei zu haben und das Leben zu genießen. Das Theater wird er nicht vermissen. "Ich habe die Zeit sehr genossen und habe große und kleine Rollen gespielt." Aber jetzt würden andere Aufgaben in den Lebensmittelpunkt rücken. Fensterputzen zum Beispiel. "Das mache ich unheimlich gerne", sagt er. Keine neue Rolle, der Hausmann bei Familie Klose war er schon immer. Die Frau von Wolfgang Klose kann sich außerdem über köstliche Kuchen und Kekse freuen. Seit der Moderator beim "Magdeburger Allerlei" Cantuccini zubereitete, ist das Backen seine große Leidenschaft. "Das habe ich gemacht, weil ich nicht kochen kann", sagt Wolfgang Klose. Beim Backen hört er am liebsten Popsongs von Mumford and Sons oder Opern von Richard Wagner. "Die Musik ergreift mich einfach", sagt er.

Die Fähigkeit, Leidenschaft für die verschiedensten Dinge zu entwickeln, treibt Wolfgang Klose an. So wenig wie möglich bereuen, das ist seine Devise. Auch bei privaten Theater-Besuchen: "Durch schlechte Inszenierungen fühle ich mich beleidigt." Für seine Rollen hat Wolfgang Klose immer versucht, das Beste herauszuholen. "Das Publikum auf eine kluge Art zu unterhalten, zum Lachen und zum Nachdenken zu bringen, das ist die Aufgabe des Theaters", sagt Wolfgang Klose. Und das war immer auch die Aufgabe, die sich der Opernsänger gestellt hat.