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Kulturmacher Pläne für den Sommer

Trotz Corona schauen Theater, Orchester, Festspielbüros optimistisch auf den Sommer.

Von Grit Warnat 01.02.2021, 00:01

Magdeburg l Anita Bader, die Geschäftsführerin der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie, hat gerade eine Videoschalte mit Katharina Kutil hinter sich. Die Regisseurin aus Österreich gehört zum Schönebecker Operettensommer wie die Mozartkugel zu Kutils Heimatland. Die Wienerin war auch im vergangenen Jahr für „Die lustige Witwe“ gesetzt. Der Operettensommer aber musste ausfallen, die Inszenierung wurde verschoben auf diesen Sommer.

Mit einem Jahr Verspätung soll nun am 26. Juni Premiere gefeiert werden. Anita Bader zeigt sich zuversichtlich: „Wir planen in verschiedenen Szenarien“, sagt sie und spricht von Plan A, B und C. Zwischen zweieinhalbstündiger Normalfassung mit Pause bis hin zu Abstrichen bei Chor und Orchesterbesetzung werde geplant. Kutil schreibe extra eine Salonfassung für die Musiker. „Wir wollen gewappnet sein und tun alles dafür, dass der Operettensommer stattfinden kann“, sagt Bader. „Katharina Kutil sprudelt vor Ideen.“ Wer Kutils Arbeit kennt, der weiß, dass auch eine abgespeckte Version großen Reiz haben kann.

Aber das, was auf der Bühne und im Orchestergraben stattfinden kann, ist nur die eine Seite. Die andere, finanztechnisch wichtige Seite ist die Zuschauerzahl. Das Operetten-Festival war 2020 nicht haltbar, weil von den 865 Plätzen auf der Freilichtbühne des Bierer Berges bei Schönebeck mit den geltenden Abstandsregeln nur 137 Plätze hätten verkauft werden können. Was in diesem Jahr an Regelungen beachtet werden muss, kann keiner abschätzen. Die Ungewissheit ist gewaltig. Letztlich muss der Gesellschafter die Pläne für „Die lustige Witwe“ absegnen. Träger des kleinen Orchesters mit seinen 23 Musikern ist der Salzlandkreis. 10  000 Karten sind für die 24. Auflage schon reserviert, auch von Busunternehmen. Was letztlich verkauft werden kann – keiner weiß das im Moment.

Die Sicht von Anita Bader, mit der Zuversicht, auch den Bedenken, hört man überall, wenn man Theater und Festivalbüros nach ihren Sommerplänen fragt.

„Wir sind voller Optimismus“, sagt Carmen Seehafer vom Büro der Altmark-Festspiele. Am 29. Mai soll es losgehen. Viele der im vergangenen Jahr ausgefallenen Veranstaltungen wurden verschoben, das Fördergeld konnte wie bei so vielen anderen Veranstaltern mitgenommen werden in die neuen Planungen. Seehafer sagt, dass mit vielen Künstlern bereits im vergangenen Jahr die 2021er Auflage abgesprochen war, ebenso mit den Spielstätten, die über die ganze Altmark verstreut sind. „In besseren Welten II“ ist das Motto vom vergangenen Jahr aufgegriffen worden. „Es könnte nicht besser passen“, sagt Seehafer, der man den großen Optimismus am Telefon anhört, auch wenn es Abstriche geben wird, weil zum Beispiel das Eröffnungs- auch das Abschlusskonzert ohne Chorbeteiligung geplant werden müssen.

„Klänge im Raum“, eine Konzertreihe der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie, soll ab Mai stattfinden mit möglichst vielen Veranstaltungen im Freien. Die Jerichower Sommermusiken sind in Planung, die Zerbener Schlosskonzerte ab Ende Mai, die Fete de la Musique. Das Jazzfestival im Kloster Jerichow, das im vergangenen Jahr im August hunderte Musikbegeisterte und Till-Brönner-Fans auf die Klosterwiese lockte, ist laut Marco Reiß, dem künstlerischen Leiter, gesetzt.

Vom 24. bis 27. Juni, rund um den Todestag Telemanns, soll erstmals ein Sommerfest im Klosterbergegarten statt, das sich dem Werk Georg Philipp Telemanns von einer sommerlichen Seite nähert, wie das Telemann-Zentrum Magdeburg ankündigt. Auf mehreren Open-Air-Bühnen sollen internationale Künstler wie Daniel Hope, das Combattimento Consort und das Orchester „Il pomo d‘oro“ auftreten. Der gesamte Park atmosphärisch in Szene gesetzt

Auch im Puppentheater Magdeburg setzt man auf das Internationale Figurentheaterfestival, das im vergangenen Juni nicht stattfinden konnte. „Wir hatten nach der Absage mit allen kuratierten Theatern Kontakt aufgenommen und ihre Zusage für eine erneute Teilnahme erhalten“, sagt Frank Bernhardt, künstlerischer Leiter des Festvials. Vom 26. Juni bis 7. Juli ist es nun terminiert. 32 Theater aus elf Ländern sind mit ihrem innovativen Objekt- und Figurensoiel geladen. Mit Blick auf Ein- und Ausreise der ausländischen Gäste hat Bernhardt schon so manchen Bauchschmerz, aber er sagt: „Das Festival findet statt.“ Auch Theater im Livestream sei möglich. „Als Theater brauchen wir einen Lichtpunkt“, unterstreicht er.

In den Werkstätten des Theaters Magdeburg wird derweil erst einmal weiter am Bühnenbild für das Domplatz-Open-Air gebaut. Das Haus braucht enorm viel Vorlauf für das jährliche Großprojekt. Nach dem Ausfall von „Rebecca“ 2020 und einer Verschiebung um zwei Jahre soll ab 18. Juni das Broadway-Musical „Hairspray“ gezeigt werden. Auch hier steht nicht nur hinter dem Kartenverkauf ein großes Fragezeichen. Auch an eine überregionale Bewerbung ist derzeit nicht zu denken. Dabei müssten mehr als 1200 Plätze pro Aufführung verkauft werden. Am 17. Februar, so hießt es aus dem Haus, soll gemeinsam mit der Stadt eine Entscheidung über die Durchführung fallen.

Vor wenigen Tagen hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einem Interview der neuesten Ausgabe von „Politik und Kultur“ neue Corona-Hilfen für den Kulturbetrieb angekündigt. In der Zeitung des Deutschen Kulturrates kündigte Scholz die finanzielle Förderung kleinerer Kulturveranstaltungen an, die aufgrund von Hygienevorgaben mit deutlich weniger Publikum stattfinden müssen und sich sonst nicht rechnen würden. Zudem sei ein Fonds als eine Art Versicherung für größere Kulturveranstaltungen geplant. „Die Versicherung soll einspringen für den Fall, dass eine Veranstaltung geplant und organisiert wird, wegen Corona dann aber wider Erwarten doch abgesagt werden muss“, wird Scholz zitiert. Wie konkret Hilfen aussehen könnten, steht noch in den Sternen.