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Despacito Ein Seitenhieb auf Präsident Trump

„Despacito“ ist der Hit des Sommers. Warum er so efolgreich ist und was er mit US-Präsident Donald Trump zu tun hat.

07.08.2017, 23:01

New York (dpa) l Am Sonntag war die magische Marke von drei Milliarden geknackt. So oft hatten Nutzer den Sommerhit „Despacito“ auf Youtube geklickt und den Song der puerto-ricanischen Musiker Luis Fonsi und Daddy Yankee damit zum meistgesehenen Video erkoren. Der Aufstieg ist beachtlich: Für den Rekord hat der im Januar veröffentlichte Song gerade einmal sieben Monate gebraucht. Wie kam es dazu?

„Despacito“ spielt in einem als La Perla bekannten Slum in Puerto Rico. Titel und Refrain drehen sich um das spanische Wort für „langsam“, was vor allem im sexuellen Kontext zu verstehen ist: „Ich will deinen Rücken hinabatmen / Dir Dinge ins Ohr flüstern / Damit du dich erinnerst, wenn du nicht bei mir bist“, heißt es im Text. Gemeint ist das langsame Tempo einer Verführung.

Sex ist der Popmusik seit eh und je verbunden. Viel bemerkenswerter sind hier musikalische Grenzen, die „Despacito“ durchbricht: Rhythmisch ist der Titel im Reggaeton-Stil gehalten, der Wurzeln in Jamaika hat und in Lateinamerika schon lang die Massen zum Wackeln bringt. In den USA tat sich der Stil eher schwer, bis Daddy Yankee 2004 damit den Hit „Gasolina“ unterfütterte. Nun scheint Reggaeton in der englischsprachigen Welt endgültig angekommen zu sein.

Laut Petra Rivera-Rideau, die am Wellesley College in Massachusetts zu Identität und Populärkultur in Lateinamerika forscht, folgt der Titel einem Trend: „Es gibt viele Popsänger im Latin-Bereich – Enrique Iglesias, Shakira, Ricky Martin – die schon dabei sind und die Reggaeton in letzter Zeit in ihre Musik einbeziehen“, sagte sie dem „Atlantic“-Magazin. Es sei aber überraschend, dass der Hit von Fonsi stamme und nicht etwa von Enrique Iglesias, den US-Hörer und englischsprachige Musikfreunde besser kennen.

Eine Brücke gebaut haben mag der kanadische Sänger Justin Bieber, der ein Intro auf Englisch für den ansonsten vor allem spanischsprachigen Song lieferte. Mit Bieber, der für die Zusammenarbeit auf Fonsi zugegangen war, ist einer der bekanntesten weißen Musiker der westlichen Popwelt auf den Latin-Trend aufgesprungen. Obwohl Fonsi sein achtes Studioalbum auf dem Markt hat, werde oft so getan, als habe Bieber ihn entdeckt, beklagt Professorin Rivera-Rideau.

Vor allem in Zeiten von US-Präsident Donald Trump, von Debatten um Flüchtlinge und offene Grenzen, scheint der Titel eine Überraschung zu sein. „Er ist sexuell freizügig. Er respektiert keine Grenzen oder klebt an Herkunftskategorien“, schreibt die „New York Times“. Der Song bewerbe stattdessen eine „Kreuzbefruchtung“ verschiedener Kulturen und Stile und schöpfe aus der Energie der afrikanischen Diaspora. „Musik hat keine Sprache“, schrieb Fonsi auf der Social-Media-Plattform Instagram.