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Natalie Prass: Zwischen Soul-Drama und Disney

28.01.2015, 23:05

Berlin - Im provinziellen Richmond/Virginia entsteht etwas Großes: Ein Studio mit eingespielter Musiker-Crew, die fast am Fließband mit unterschiedlichen Sängern feine Alben zwischen Soul, Funk und Pop produziert. Vorhang auf für Natalie Prass.

Die 28-Jährige aus Nashville ist der neueste Schützling des beleibten Singer/Songwriters und Produzenten Matthew E. White, der das Projekt Spacebomb in Richmond aus der Taufe hob. Wie früher bei Stax in Memphis oder Motown in Detroit legt hier eine feste Band erstklassiger Musiker die Grundlage für seine Songs, aber auch die Lieder befreundeter Künstler.

Nach dem tollen White-Debüt "Big Inner" (2013) und wenige Wochen vor seinem zweiten Werk "Fresh Blood" (Veröffentlichung am 6. März) betritt nun also Natalie Prass mit ihrem selbstbetitelten Erstling die Bühne - und wie! Der süffige, an die besten Soul-Alben der Sixties erinnernde Sound ist von "Big Inner" schon bekannt, aber doch immer noch ziemlich sensationell: Seidenweiche Streicher, Harfen, Trompeten, Gitarren und Bässe, viel Klavier - alles stilecht im Vintage-Klangdesign, wie man es von den ganz Großen wie Marvin Gaye, Al Green oder Curtis Mayfield kennt.

Aber auch Einflüsse großer Pop-Komponisten wie Burt Bacharach und Jimmy Webb oder aus lieblichen Disney-Soundtracks (der Closer "It\'s You"!) finden sich in der stellenweise dramatisch aufschäumenden Produktion, die Matthew E. White seinem Protegé regelrecht auf den Leib - oder besser: die Stimme - geschneidert hat.

Diese Stimme ist nicht gerade klassischer Soul - eher leicht, niedlich, etwas schüchtern. Prass nennt in der britischen Musikzeitschrift "Uncut" - wo ihr Debüt im Februar Platte des Monats ist - Diana Ross oder Dionne Warwick als Vorbilder. Das kommt einigermaßen hin, auch wenn sie ebenso bei einer Soul/Folk-Sängerin wie Leslie Feist andockt.

Ob mit Natalie Prass wirklich "ein neuer Star" ("Uncut") geboren ist oder ob sie sich auf Dauer nur als willenloses Geschöpf des grandiosen Klangzauberers White erweist, bleibt abzuwarten. Ihr knapp 40-minütiges Album weckt aber durchaus Hoffnungen auf eine nachhaltig eindrucksvolle Karriere.