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Rockband Lieder für den kleinen Mann

Die Band „Goitzsche Front“ belegte im Februar den ersten Platz der deutschen Single-Charts. Ihre politische Einstellung spaltet die Fans.

03.05.2018, 23:01

Bitterfeld l Sachsen-Anhalt hat eine neue Nummer-Eins-Band. Die Goitzsche Front führte am 23. Februar als erste Gruppe aus dem Land seit Tokio Hotel die Deutschen Album-Charts an. Ihre aktuelle Platte „Deines Glückes Schmied“ hielt sich fünf Wochen lang auf Platz 1.

In der Single „Unsere Fahnen wehen“ trägt der Schlagzeuger der Band ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Fuck Nazis“. Damit positioniert sich die Band klar gegen Rechtsextremismus. Das schmeckt nicht jedem: In der Kommentarspalte bei „You­tube“ beschwert sich ein User mit den Worten: „Zieh das hässliche T-Shirt aus, du Zecke. Wie die ganze Band. Solche sind Ossis, oder was? Das kann nicht sein.“

Pascal Bock, Spitzname Bocki, Sänger der Band aus dem Raum Bitterfeld, sagt dazu: „Bei diesem Lied zeigen wir unsere Grundmeinung: gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Extremismus und Gewalt lehnen wir prinzipiell ab.“ Im Song selbst gehe es nicht um Politik, sondern um Fußball. Als Hymne für alle Fußballfans gedacht, legte die Band sich nach einiger Zeit auf den Halleschen FC fest. Als sie von finanziellen Problemen des Drittliga-Clubs hörte, entstand die Idee, den kompletten Erlös der Single dem Verein zu spenden.

Engagement zeigen sie auch für das Haus „Einetal“ im Harz, eine Einrichtung zur Unterstützung für Menschen mit Behinderungen. Diese spielen auch im Video zur Single mit. Der Text ist im Gegensatz zu den sonst eher harten Songs eine Rockballade und enthält die Zeilen: „Ich mache Fehler, doch ich lerne mit allem, mit allem, was ich tu’.“

Ist die bewusste Distanzierung von rechts auch Teil eines Lernprozesses? Googelt man den Bandnamen, wird „rechts“ als Vorschlag gleich mitgeliefert. Die Erklärung des Sängers: „Es liegt sicherlich am Namen, dass viele denken, wir gehörten in diese Ecke. Er ist sicherlich aus heutiger Sicht nicht gut gewählt. Aber er gehört zu uns. Einige Konzertveranstalter wollten deswegen nicht mit der Goitzsche Front zusammenarbeiten.

Der Name liegt ihnen am Herzen, denn er stehe für Freundschaft und Zusammenhalt: „Front kommt aus den Zeiten des Hochwassers 2013, als alle anpackten und Sandsäcke befüllten. Da hatte das Wort nichts Negatives an sich.“

Heimat spielt für die jungen Männer aus Bitterfeld schon eine Rolle. Nicht umsonst tragen sie den Namen des Baggersees im Namen ihrer Band. Auf die Frage, ob Deutschland auch Heimat für jemanden werden kann, der nicht hier geboren ist, antwortet Sänger Bocki: „Natürlich, wir haben einige Freunde und Kollegen, bei denen die Intergration gelungen ist.“ Mit der Flüchtlingspolitik sieht er Deutschland allerdings überfordert. „Es fehlen vielen Menschen leider noch die Perspektiven.“

Herzensangelegenheiten seien ihnen Geschichten aus dem täglichen Leben. Vor dem Gespräch mit der Volksstimme kommt Bocki von der Frühschicht und ist bereits wieder auf dem Weg ins Büro. „Arbeit, Frühschichten, Trennung, neue Liebe, Distanz, Spaß beim Fußball und das Wochenende als Ausgleich. Unsere Fans kennen das, wir wollen ihnen aus der Seele sprechen“, erklärt der Sänger. Der Massenerfolg scheint dieser Strategie recht zu geben.