Ausstellung des Kunstvereins Talstraße widmet sich der Halleschen Malerschule Poetische Farbwelten des Kurt Bunge
1998 zeigte der Kunstverein Talstraße e.V. in Bonn und Halle die Ausstellung "Verfemte Formalisten – Kunst aus Halle (Saale) 1945-1963". An über 20 Künstler konnte hier erinnert werden, die nach 1945 den Staffelstab der bildenden Kunst wieder aufnahmen und in den 1950er Jahren die Hallesche Malerschule prägten. Kurt Bunge (1911-1998) war einer von ihnen. Ihm ist bis zum 16. Oktober eine Ausstellung gewidmet.
Von Jörg-Heiko Bruns
Halle. Schon 1949 schrieb der renommierte Kunsthistoriker Fritz Löffler aus Dresden anlässlich der Zweiten Deutschen Kunstausstellung, dass Halle die fortschrittlichste und geschlossenste Künstlerschaft besitze. Er nannte unter anderen Carl Crodel, Erwin Hahs, Kurt Bunge, Hermann Bachmann und Karl Erich Müller. Allerdings hat die DDR, die mit ihrer propagandistischen Formalismusdiskussion die Freiheit der Kunst auf unerträgliche Weise einschränkte, bis zum Ende der 1950er Jahre auf einige dieser künstlerischen Potenzen verzichten müssen, da die Künstler in die Bundesrepublik gingen. Kurt Bunge (1911-1998) verließ in der Silvesternacht 1958/59 seinen angestammten Platz in Halle und siedelte sich schließlich in Kassel an.
Der Kunstverein Talstraße zeigt nun anlässlich des 100. Geburtstages des Künstlers in einer Ausstellung 36 Bilder, über 20 Holzschnitte und Zeichnungen aus verschiedenen Zeiträumen. Unter den Bildern gibt es einige Repliken, nach Bildern, die bei Bunges unvorbereiteter Flucht von der DDR konfisziert wurden und erst (z.T. kellergeschädigt) von der Moritzburg 1989 an den Künstler zurückgegeben wurden. Die Leihgeber für die aktuelle Ausstellung sind vor allem die Familie des Künstlers, aber auch das Archiv Burg Giebichenstein und die Stiftung Moritzburg – Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt.
Kurt Bunge studierte von 1928 bis 1931 an der damaligen Staatlich-städtischen Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle bei Charles Crodel und Gerhard Marcks. Nach seinem Studium arbeitete er als Restaurator und war an wesentlichen Arbeiten auf diesem Gebiet unter anderem in Halberstadt, Quedlinburg, Naumburg und Wittenberg beteiligt. Von 1945 bis 1950 leitete er die Restaurierungsstätten der Denkmalpflege der Provinz Sachsen, ehe er ab 1950 an die Burg als Lektor für Maltechnik und Restaurierung und 1957 zum Professor berufen wurde.
Der 1951 verschärft ausgebrochene Formalismusstreit zielte auch auf die Malerschaft in Halle. Crodel musste namentliche Angriffe erdulden und Ulrich Knispel und seine Studenten wurden nach einer Ahrenshoop-Ausstellung im "Neuen Deutschland" heftig mit Worten wie "abscheuliche Schmierereien" oder "widerlich und ekelerregend" attackiert. Bunges (von Crodel übernommene) Malklasse sollte im Zuge der verschärften Diskussionen in ein Fachseminar für Restauration umgewandelt werden.
Dass bei all diesen offiziellen Drangsalierungen noch herausragende Kunst wie die von Kurt Bunge entstehen konnte, verwundert schon und verlangt Hochachtung. Den Besucher erwarten schöne Bilder, die einen Hauch der klassischen Vorkriegs-Moderne des 20. Jahrhunderts ausstrahlen. Eine leise Melancholie durchzieht die Bilder, deren Figuren und Köpfe zuweilen an Picasso oder Léger erinnern ("Zwei Frauen", 1954 oder "Kinder mit Tauben", 1957). Seine Stillleben, auch die Repliken, strahlen Ruhe aus und sind schöne Beispiele einer poetischen Farbwelt. Während der "Akt" von 1953/54, zwischen fröhlicher Odaliske und liegender Venus angesiedelt, lebendiges, erotisch-ästhetisches Vergnügen bereitet und das "Stillleben mit Obst und Blumen", 1955, und die Winterlandschaft "Februar", 1956, eher eine heitere Grundstimmung geben. Die Holzschnitte Bunges, farbig zurückhaltend, pastellen, sind ebenfalls wichtige Beispiele dafür, wie der Künstler und seine Freunde Kitzel, Knispel, Bachmann u.a. Grundsteine für die Hallesche Malerschule legten, die ganz bewusst dann später von den Leipzigern "abgelöst" wurde.
Bunges Bilder zu sehen, ist ein Vergnügen, das eigentlich auch vom Kunstmuseum Moritzburg stärker betrieben werden sollte. Hier in der Talstraße lassen sie noch einmal das Kunstklima der 1950er Jahre in der DDR mit all seinen Stürmen und Ruhepunkten aufleuchten und stimmen zugleich zuversichtlich, dass gute Kunst immer ihren Weg findet.