Musik Punkband feiert Zeit ihres Lebens
Für manche sind sie die Band der Stunde - Feine Sahne Fischfilet. Kaum eine Gruppe beschäftigt dieses Land zurzeit so sehr.
Rostock (dpa) l Für „Feine Sahne Fischfilet“ läuft es in diesem Jahr richtig gut. „Wir haben die Zeit unseres Lebens“, sagt Sänger Jan „Monchi“ Gorkow. Das fünfte Album „Sturm und Dreck“ landete im Januar auf Platz drei der Charts. Im April erschien der preisgekrönte Dokumentarfilm „Wildes Herz“. Schauspieler Charly Hübner erzählt darin die Geschichte der Band, insbesondere von Frontmann Monchi. Ansonsten: ausverkaufte Tourneen, Riesenkonzerte als Vorgruppe der Toten Hosen und im September #Wirsindmehr in Chemnitz. Das Konzert gegen Rassismus stellten sie in vier Tagen mit befreundeten Musikern wie den Hosen oder Kraftklub auf die Beine.
Nun sollte es eigentlich ruhiger werden. Die Punkband meldet sich vor dem Start ihrer bislang größten Tour im November in den Urlaub ab. Dann kommt die Absage für ein ZDF-Konzert im Bauhaus Dessau und Feine Sahne Fischfilet stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit. „Das ist schon krass, was für ein Selbstläufer das wurde. Wir haben ja gar nichts gemacht und wollten nur ein Konzert spielen“, sagt Monchi.
Der wuchtige Sänger sitzt mit Gitarrist Christoph Sell vor einem Rostocker Kulturzentrum. Er erzählt mit Leidenschaft und ohne Unterbrechung. Laufen Bekannte vorbei, werden sie mit „Moin“ oder „Ahoi“ gegrüßt. Monchi, so scheint es, bringt nichts so schnell aus der Ruhe. Auch keine Absage in Dessau. Die Stiftung Bauhaus lehnte das Konzert ab, nachdem rechte Gruppierungen zum Protest aufgerufen hatten. Man habe Rechtsradikalen keine Plattform bieten und das Gebäude als Weltkulturerbe schützen wollen.
Die Band hat längst eine Ersatzshow am 6. November in Dessau organisiert. Sie spielt jetzt im Brauhaus statt im Bauhaus. Und geschadet hat ihr die Geschichte nicht. Im Gegenteil: Auf Facebook bedankte man sich artig für die „kostenlose PR“.
Die Geschichte von Feine Sahne Fischfilet begann vor elf Jahren, als sie „aus Langeweile“ auf dem Schulhof gegründet wurde. Monchi, Christoph, Jacobus, Max, Kai und Olaf stammen alle aus dem Raum Greifswald. Monchi etwa wuchs in dem 3000-Seelen-Ort Jarmen auf: „Wir hatten nicht mal ein Jugendzentrum, nur eine Bushaltestelle.“ In der Jugend habe sich da alles gemischt. Die Ärzte seien ebenso gehört worden wie Nazi-Mucke.
Irgendwann beschlossen sie, sich zu positionieren, gegen die Rechten. Als Antwort folgten etwa eine Buttersäure-Attacke auf den Proberaum und offene Anfeindungen. „Es war schon stetig eine Bedrohungslage da, aber da gewöhnst du dich dran“, sagt Christoph. Sie selbst hätten die Öffentlichkeit und ein gutes Netzwerk. Es gehe darum, kleine Projekte und „einzelne Leute zwischen all den Hetzern“ zu unterstützen, die mit ihrem Engagement ziemlich alleine dastünden – da reiche schon ein Grillfest oder ein Fußballturnier mit Geflüchteten.
Die Liebe zum Zuhause und die Verbundenheit mit Freunden und Familie ist enorm. FSF spielen noch immer in kleinen Städten. Ihre Releasepartys könnten sie längst in Hamburg oder Berlin veranstalten, aber sie entscheiden sich bewusst für Dörfer in der Region.
Doch vielen ist die Band noch immer ein Dorn im Auge. „Wir sind keine Hippies und uns müssen nicht alle mögen. Wer ein großes Maul hat, kann auch mal scheiße gefunden werden, keine Frage“, sagt Monchi. Aus seiner Vergangenheit beschönigt er nichts. So war der Fußballfan in der Ultraszene von Hansa Rostock aktiv und hatte fünf Jahre Stadionverbot. Auch darüber singt er heute in Liedern.
Ansonsten fährt Monchi auch mal Hilfsgüter an die türkisch-syrische Grenze oder besucht ein völlig überfülltes Flüchtlingslager auf Lesbos. „So ein Besuch (...) schärft die Sinne“, erklärt er. „Und wenn man nach Hause kommt, ist man natürlich krass dankbar für das Riesenglück, dass man hier geboren wurde.“