Der Kommissar und das Meer: In einer sternlosen Nacht
Nordische Krimis gibt es im deutschen Fernsehen mehr als genug. Aber es gibt auch eine deutsche Krimireihe, die in Schweden spielt. Und die bringt es jetzt auf ein kleines Jubiläum.

Berlin (dpa) - Dunkle Nächte und finstere Mächte sind allgegenwärtig im TV-Krimi - vor allem dann, wenn er im hohen Norden spielt.
Dort sind die Tage - zumindest im Winter - furchtbar kurz, und die Nächte dafür sehr lang und ziemlich dunkel. Passend dazu trägt die 20. Folge aus der Reihe Der Kommissar und das Meer den Titel In einer sternlosen Nacht, und sie ist an diesem Samstag (20.15 Uhr) im ZDF zu sehen.
Die kleine Lucie ist verschwunden: Die achtjährige Bäckerstochter aus dem schwedischen Visby war zuvor mit ihrem jähzornigen Vater in einen heftigen Streit geraten und danach aus ihrem Zimmer in die Nacht geklettert. Wenig später wird sie tot an einer einsamen Landstraße gefunden, offenbar überfahren. Kommissar Robert Anders (Walter Sittler) und Pathologin Ewa (Inger Nilsson) kannten die Kleine - und werden nun von den verzweifelten Eltern mit Vorwürfen überhäuft, ihre Tochter nicht rechtzeitig gefunden zu haben.
Gefunden wird hingegen ein verlassenes Auto im Wald - es gehört der Lokalpolitikerin Hannah Kroog (Lia Boysen). Angeblich wurde ihr der Wagen gestohlen, und das Alibi für die Tatzeit verschafft ihr das Kindermädchen Jenny von Hofsten (Félice Jankell), das auf der Fähre nach Gotland Roberts Sohn Niklas (Sven Gielnik) den Kopf verdreht hat. Kurz darauf dreht Hannah Kroog fast durch, denn nun wird ihre fünfjährige Tochter Nilla vermisst. Bald wird klar, dass sie entführt wurde, und bei der Übergabe des Lösegeldes kommt es zu einem wahren Showdown.
Das Ende ist leider unnötig dramatisch und zu drastisch ausgefallen, und es will so gar nicht zu der ansonsten völlig unaufgeregt erzählten Geschichte passen. Der Fall ist nämlich durchaus spannend, weil er eben nicht auf oberflächliche Action setzt, sondern von tiefgehenden familiären Verwicklungen und Verwerfungen erzählt. Es kommt schließlich heraus, dass Lucie nicht durch das Überfahren getötet wurde. Geschickt verweben Autorin Anette Hess und Regisseur Miguel Alexandre dabei das Schicksal von gleich drei Familien: das der Politikerin, des Kindermädchens und des Kommissars. Dazu kommen schöne Bilder von schneereicher Landschaft, in denen hübsche Häuschen malerisch direkt am Meer stehen. Das kennt man natürlich schon, aber es sieht halt immer wieder hübsch aus.
Kommissar Anders versucht, die Menschen so zu sehen, wie sie sind und nicht durch das Gitter der Gesetzgebung in eine Schublade einzuordnen, sagte der 63-jährige Walter Sittler (600 PS für zwei, Alleine war gestern) in einem Gespräch mit dem ZDF. Manchmal kann man das Dilemma der Täter fast verstehen. In diesem Fall ist der Vater eines Kindes überfordert. Er macht viel falsch, nicht weil er zu streng ist, sondern weil er nicht weiter weiß, hilflos ist, sich das nicht eingesteht und eigentlich das Beste für das Kind will.
Im Jubiläums¬film gibt es einige sehr emotionale Szenen für Ewa, die ja sonst immer sehr gefasst ist - eine wunderbare Herausforderung, sagte die 56-jährige Inger Nilsson, die einst in den Pippi Langstrumpf-Filmen nach Astrid Lindgren die Hauptrolle spielte, dem ZDF. Es ist interessant, mich in den Filmen synchronisiert zu hören. In Schweden gibt es das ja nicht, wir schauen alle Filme im Originalton. Ich hatte Walter nach einigen Jahren der Zusammenarbeit versprochen, deutsch zu lernen. Ich verstehe mittlerweile viel am Set, aber einen ganzen Film in einer anderen Sprache zu spielen, ist eine ganz andere Sache.
Die Krimireihe, seit 2007 im ZDF, ragt schon ein wenig aus den anderen Samstag-Krimis des ZDF heraus. Sittler nimmt man den schwedischen Kommissar durchaus ab - was für andere deutsche Kommissare im Ausland keineswegs gilt. Auch die Synchronisation der ortsansässigen Schauspieler wirkt hier weit weniger störend als anderswo. Am meisten aber vermag die Stimmung zu überzeugen, die mit der Kamera erzeugt wird: Das Licht des Nordens ist ein ganz besonderes. Die Nächte sind es wohl auch, selbst ohne Sterne - in diesem tragischen Fall eines toten Mädchens ist ein kleiner Stern verglüht.