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TV-Tipp "Kästner und der kleine Dienstag" bei 3sat

Erich Kästner hat in seinen Kinderbüchern viele kleine und große Helden geschaffen. Ein Drama auf 3sat stellt den Schriftsteller selbst in den Mittelpunkt.

17.12.2020, 23:01
Anjeza Cikop
Anjeza Cikop ARD Degeto/Dor Film/

Berlin (dpa) - "Ihr Buch ist kolossal" - so schreibt ein begeisterter junger Leser den Schriftsteller Erich Kästner an. Der kleine Junge heißt Hans Löhr (Nico Ramon Kleemann), und er hat gerade das Buch "Emil und die Detektive" gelesen. Von einer ungewöhnlichen Freundschaft im Berlin des Jahres 1929 erzählt der Film "Kästner und der kleine Dienstag", der am Freitag (20.15 Uhr) auf 3sat zu sehen ist.

Der kleine Hans würde Erich Kästner (Florian David Fitz) zu gerne kennenlernen. Und schon bald steht Kästner vor dem Haus von Hans, der mit seiner Mutter (Katharina Lorenz) und seiner Schwester (Charlotte Lorenzen) ohne Vater aufwächst. Als "Emil und die Detektive" von der Ufa verfilmt wird, darf der Sechsjährige die Rolle des "Dienstag" spielen - und hat nunmehr seinen Spitznamen weg.

Als die Nazis an die Macht kommen, bleibt Kästner in Berlin und arbeitet wie sein Freund Erich Ohser (Hans Löw) unter Pseudonym - Kästner als Berthold Bürger, Ohser ("Vater und Sohn") als e.o.plauen. Um Hans zu schützen, legt Kästner die Freundschaft zu ihm auf Eis.

Florian David Fitz spielt den kinderlosen Autor mit dem sagenhaften Händchen für gute Kinderbücher sehr gut; mal als zweifelnden Schriftsteller, der lieber Bücher für Erwachsene schreiben möchte, mal als feiernden Charmeur. "Es ist bekannt, dass er ein ganz schöner Lebemann gewesen ist", sagte Schauspieler Fitz vor der Erstausstrahlung des Films im Jahr 2017. "Ein grandioser Geist mit dem verschmitzten Blick auf die vielen Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen. Er war sicher ein Mensch mit Anstand, ein Literat, ein Moralist, aber eben auch ein Star, was er bestimmt sehr genossen hat."

Die Geschichte des in Wien gedrehten und hervorragend recherchierten Films (Buch: Dorothee Schön, Regie: Wolfgang Murnberger) indes hat sich so ähnlich tatsächlich zugetragen. Sie handelt vom Wert der Freundschaft, gerade in schwerer Zeit und macht deutlich, dass Erich Kästner (1899-1974) kein Held, aber auch kein Mitläufer gewesen ist. Er ist trotz Schreibverbots nicht vor den Nazis geflohen und schrieb auch gute Bücher für Erwachsene ("Fabian").

Kästner musste die Verbrennung seiner Bücher mit ansehen, und er hat zumindest versucht, "unter Schweinen halbwegs sauber zu bleiben" (wie er selbst sagte). Er hat das Naziregime überlebt, Erich Ohser und Hans Löhr leider nicht. Aber Hans lebt in den Büchern weiter, die zeigen, dass Kästner die Kinder stets ernst genommen hat, gerade auch als seine schärfsten Kritiker.

© dpa-infocom, dpa:201215-99-703227/3