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Tatort - Mia san jetz da wo's weh tut

Wer ein 25-jähriges Dienstjubiläum feiert, den erwarten Blumen, warme Worte, vielleicht ein feuchter Händedruck. Bei den Münchner Tatort-Kommissaren gibt es zur Feier dagegen einen Mord nach dem anderen - und einen Espresso.

Von Britta Schultejans, dpa 02.04.2016, 23:01

München (dpa) - Wie lange machen wir das jetzt hier schon?, fragt Hauptkommissar Ivo Batic ziemlich zu Beginn der neuen Tatort-Episode aus München mit dem Titel Mia san jetz da wo's weh tut.

Zu lang, antwortet sein Kollege Franz Leitmayr. Und: Wenn ich was hass', dann so ein Dienstjubiläum - und womöglich so einen g'schissenen Champagner dazu.

Die Münchner Tatort-Ermittler feiern ein Vierteljahrhundert im Dienst und sind damit die dienstältesten amtierenden Kommissare nach Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) in Ludwigshafen. 25 Jahre ist es nun schon her, dass die Schauspieler Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl zum ersten Mal als Kommissaren-Duo im ARD-Kultkrimi auftauchten. Animals hieß der Film damals. Es ging um die mörderische Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Befürwortern von Tierversuchen, und das Mordopfer wurde passenderweise durch den Biss eines Kampfhundes getötet.

Dutzende Fälle rund um Liebe, Sex und Tod (1997), Starkbier (1999), den Viktualienmarkt (2000) und Die letzte Wiesn (2015) folgten. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks sind seit Amtsantritt der beiden Ermittler über 150 Menschen im Münchner Tatort gestorben - das macht im Schnitt mehr als zwei Tote pro Folge. Sieben Assistenten, der langlebigste unter ihnen Michael Fitz als Carlo Menzinger, haben die Kommissare dabei verschlissen. Aktuell im Dienst ist die Nummer acht, Ferdinand Hofer als Kalli.

Batic und Leitmayr hatten in all den Jahren jeweils acht Liebesgeschichten: Batic eine Beziehung und sieben Affären, Leitmayr drei Beziehungen und fünf Affären. Und es gab auch bemerkenswerte Gastauftritte - darunter Rio Reiser, Bela B. von den Ärzten, Rudolph Moshammer, Karl Moik und Die Toten Hosen.

Obwohl den beiden Schauspielern nicht alle Geschichten gefallen haben, wie sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagen (Nemec: Sommernachtstraum war wirklich schlecht!/ Wachtveitl: Miserabel war der! (...) Schrecklich fand ich auch Klang der Toten Dinge, oder wie der hieß - ein Esoterik-Tatort), gehören die beiden zu den beliebtesten Ermittlern im ARD-Kultformat.

Laut Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov aus dem vergangenen Jahr gaben 5 Prozent der befragten Tatort-Fans die Münchner als ihr Lieblingsteam an. Das ist Platz drei hinter dem unschlagbaren Münster-Duo Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) (31 Prozent) und den Ermittlern aus Köln (9 Prozent). 

Und als solche feiern sie nun den eigentlich fröhlichen Anlass eines Dienstjubiläums mit einer düsteren Geschichte, die an die spektakulären Wegwerfmädchen-Folgen aus dem Hannover-Tatort erinnern. In Mia san jetz da wo's weh tut geht es um den Mord an einer jungen, rumänischen Prostituierten - ein Routinefall, der eigentlich geklärt zu sein schien. Der geständige Mörder wurde schnell gefunden und verurteilt. Leitmayrs einfache Erklärung: Milieu, Ivo, schon mal gehört: Er blau, braucht Geld, sie plärrt, Ende. 

Doch bald fallen Ungereimtheiten und schwere Ermittlungsfehler auf, und die Kommissare rollen den Fall wieder auf, um wieder gut zumachen, was sie einst versäumten. Damit treten sie allerdings eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes los und müssen sich bald die Frage stellen, ob sie nicht lieber die Finger von der Geschichte gelassen hätten.

Manchmal verschlimmert man eine Sache, die man eigentlich reparieren will, durch die Reparaturversuche, sagt Wachtveitl im dpa-Interview. Aber geht diese Erkenntnis auch so weit, dass man eine Ermittlung mal auf sich beruhen lässt und nicht mehr nach der Wahrheit sucht? Nemec fügt hinzu: Was aber keine wirkliche Frage sein kann in unserem Beruf. Für die Polizisten oder für uns stellt sich diese Frage nicht. Nach so langer Zeit scheinen die Grenzen zwischen Rolle und Schauspieler zu verschwimmen.

Als Freund einer jungen rumänischen Prostituierten, der Freundin der Ermordeten, ist Max von der Groeben zu sehen. Er, der den Danger in Fack ju Göhte spielte, ist nach Jella Haases Gastauftritt in Dresden schon der zweite Jungstar aus der Schulkomödie, den es an den Tatort verschlägt. Meine beiden Kollegen, die Kommissare, spielen seit 25 Jahren zusammen und sind natürlich ein wahnsinnig eingespieltes Team - auch privat, sagt von der Groeben der dpa. Sie haben ein sehr gutes Verhältnis.

Irgendwann im Film sitzen die Kommissare samt Assistenten dann kurz zusammen und trinken einen Espresso - Champagner gibt es nicht. Wir fanden, dass diese kleine Szene, in der alle schon weg sind und die Kommissare mit Espressi aus Pappbechern anstoßen, gut, damit man sieht: Es geht um die Arbeit und nicht ums Feiern, sagt Nemec. Ein bisschen hat es auch mit uns zu tun, so wie wir hier sitzen und die ganze Presse kommt und uns darauf aufmerksam macht, dass wir jetzt 25-jähriges Jubiläum haben. Und wir denken: Ist gut jetzt, lasst uns mal weiterarbeiten. Lasst gut sein.

Infos zum ersten Leitmayr/Batic-Tatort

Infos zum Jubiläums-Tatort am 3. April 2016