Lyonel-Feininger-Galerie zeigt eine Ausstellung mit zeitgenössischem Holzschnitt Von Georg Baselitz bis Daniel Richter
Nach wie vor bedienen sich Künstler des Holzschnittes und des Hochdruckes. Die Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg gibt derzeit einen Überblick über das Medium in der zeitgenössischen Kunst.
Quedlinburg l Daniel Richter zählt zu den Stars der neueren deutschen Kunstszene. Die Arbeiten des Malers, der in Berlin, Hamburg und Wien lebt und arbeitet, werden zu Höchstpreisen gehandelt. In der Feininger-Galerie hängen von Richter drei von vier großformatigen Fotopolymerdrucken, die einer Serie aus dem Jahr 2007 angehören. "Ohne Titel" sind die 1,50 mal 1,20 Meter großen Arbeiten, für die Richter als Motiv Foltermethoden aus dem 16. Jahrhundert genutzt hat. Farblich stark abgesetzt sind Vögel und ein ganz aufs Geigenspiel konzentrierender junger Mann.
80 Arbeiten von 35 prominenten Künstlern
Schrecken und Poesie, kontrastreich dargestellt in grün und rot, sind das Titelbild der Ausstellung "Von Georg Baselitz bis Daniel Richter. Der zeitgenössische Holzschnitt seit 1960." Ausgestellt sind 80 Holzschnitte und Hochdrucke von 35 prominenten Künstlern, darunter Gerhard Altenbourg, Joseph Boys, Horst Janssen, Jörg Immendorff, Donald Judd. "Wir zeigen, dass der Holzschnitt nicht mit den Brücke-Künstlern und Feininger zu Ende gegangen ist", sagt Björn Egging, Direktor des Hauses.
Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Städtischen Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen zustande kam, setzt auf vielfältige formale und inhaltliche Aspekte. Dazu gehört auch ein West-Ost-Dialog durch die Hängung der Werke. Wolfgang Mattheuer neben Jörg Immendorff, HAP Grieshaber neben Gerhard Altenbourg. Egging: "Parallel zu den westdeutschen Entwicklungen arbeiteten auch Künstler in der DDR vielfach mit dem Holzschnitt."
35 Künstler zeigen ihre verschiedenen Herangehensweisen an das Medium. Altenbourg zum Beispiel setzt in seiner Arbeit "Glosse um eine Figur, die ich das gesichtlose Mekönkchen nenne" auf einen Druck, der sich aus sechs verschiedenen Platten zusammensetzt. Von Ernst Wilhelm Nay sind Farbholzschnitte ausgestellt. "Es sind abstrakte, flächige Kompositionen, die auf gezackte und geschwungene Linien sowie eine satte Farbigkeit reduziert sind", sind im Katalog die sogenannten Rhythmischen Bilder beschrieben. Ganz anders der minimalistische Formenbau von Donald Judd oder die Spielarten der Abstraktion von Günther Förg.
Jüngere Zeitgenossen wie Christiane Baumgartner und Daniel Richter gewinnen dem Hochdruck neue Facetten ab. Baumgartner beeindruckt mit "Solaris II", ihrem 1,40 mal 2,40 Meter großen Holzschnitt, der den Ausstellungsraum vertieft. Ihr Bildthema ist ein dunkler Tunnel, nur wenige Lichtpunkte gesetzt, in der Bildmitte Licht und ein fahrendes Auto. Für ihre Hell-Dunkel-Arbeit hat sie Bilder aus Andrej Tarkowskis Kinofilm von 1972 genutzt.
So wie der Betrachter bei Baumgartners Arbeit erst beim genauen Hinsehen den Holzschnitt erkennt, glaubt man auch bei "Wasser" von Franz Gertsch eher an eine Fotoarbeit. Die Vorlage ist eine Fotografie, die Arbeit ein Holzschnitt - die künstlerische Übersetzung eines neuen Mediums in eine alte Technik. Ein außergewöhnlicher Blick auf den zeitgenössischen Holzschnitt, den die Feininger-Galerie bis zum 25. August gewährt.